Vorbemerkung: Dies ist ein im wesentlichen unverändert gebliebener Tag-für-Tag-Bericht, den ich für meine meist entfernten Freunde und Bekannte geschrieben hatte. Er soll den Nichtbetroffenen zeigen, welche Folgerungen eine verhältnismäßig harmloser Unfall im Alltags- und Berufsleben haben kann, und den Betroffenen einen Ausblick geben, wie und in welcher Zeit sie mit einer Rückkehr zum Normalen rechnen können. Nicht jede Bemerkung spiegelt die endgültigen Erkenntnisse wider, und die zahlreichen Wiederholungen dürften durch die lange Zeit, in der ich diesen Bericht beibehalten hatte, erklärbar sein.
Die Misere zeigte sich ab 8. September (Klick)
Hannes Birnbacher, Windhagen
Unfalltagebuch
Mittwoch, 18.8.2004 ich arbeite an einem Kundenauftrag - die
Notstromversorgung für die Computer springt an. Stundenlanger
Stromausfall, dafür ist die USV nicht ausdauernd genug. Hmm, setzen wir
uns in der Zeit auf's Fahrrad und kaufen das Nötigste ein.
Zurückgekommen, nehme ich einen gepflasterten Waldweg, Schußfahrt. Leider ein
Steinblock, eine Flasche oder irgendwas auf dem Weg. Ich überschlage mich mit dem
Fahrzeug, schaffe eine wunderschöne Rolle und komme auf der Armkugel
auf. Die Schulter ist nicht mehr da, wo sie hingehört.
Drei Jungens, so 13-14, sitzen auf einer Bank nebenbei und haben einen
Logenplatz. Die Packung Eier in den Gepäcktaschen wär' kaputt, sagen
sie, der Rest ist ganz geblieben. Toll, die kleinen Kerle bilden eine
Rettungskette, als hätten sie's gelernt. Vielleicht haben sie's.
Tatü-Tata, in der Notaufnahme kriege ich nach Röntgenbild einen sog.
Rucksackverband und ein paar Schmerzpillen verpasst. Hmm, und jetzt?
Ich stehe 20 km von zuhaus auf den Höhen über dem Rhein im Freien.
Jemand aus der Gegend, den ich lange nicht mehr gesprochen hatte
("hallo, wie geht's? Ach, übrigens ... kommst Du zufällig heute abend
am Krankenhaus vorbei und wolltest eh in Richtung Windhagen fahren?")
bringt mich heim und sieht zu, daß ich's in einen Stuhl schaffe. Meine
Wohnzimmergarnitur aus Rattan, gleichzeitig für die Terrasse, erweist
sich als noch vielseitiger, als gedacht: aus ihren Kissen baue ich mir
etwas zum Anlehnen.
Donnerstag, 19.8. Tut mir leid, ich habe nicht die geringste
Ahnung, was an dem Tag gewesen sein könnte.
Freitag, 20.8. Ich habe ein Kreislaufproblem, wie immer, wenn
der Blutzucker- oder Fettspiegel nicht stimmt. Finde aber noch eine
Ring-Pull Dose Suppe und kriege sie auch auf. Ein Nachbar öffnet mir
vorsorglich die nächsten zwei Dosen. Davon lebe ich u.a. die nächsten
Tage. Ich schaffe es auch zum Arzt, wg. Verbandwechsel
(ich mogle dann auch immer ein frisches Unterhemd mit rein - ist ja
egal, ob sie mir beim Aus- und Wiederankleiden gleich in ein neues
helfen), zum Briefkasten und zum Kaufladen. Hoffnungsvoll nehme ich
eine Dose Würstchen mit Ring-Pull mit hinaus und finde tatsächlich
jemanden, der sie mir aufzieht. Kein Hunger mehr an diesem Tag. Der
Hund der Passantin war schwer enttäuscht - bisher war wohl das, was
Frauchen vor seinen Augen aufmachte, für ihn gewesen. Der Rest des
Tages geht dafür drauf, Kartoffeln zu pellen, die ich vor dem Unfall
gekocht hatte. Bin stolz auf mich, das geschafft zu haben. Einen Kunden
vertröste ich auf Montag. Schade, aber es geht halt nicht anders.
Abends kommt ein Motorradkumpel, der 60 km weit weg wohnt, helfen, mit BigMac, Salat usw. im
Tankrucksack. Ich verschlinge das Zeug förmlich. Der Kumpel verstaut
die Schüssel mit Kartoffeln im Kühlschrank, die mir zu schwer geworden
war, und holt mir das Nötigste aus den Schränken, an die ich momentan
nicht rankomme.
Samstag, 21.8. Auch dieser Tag entzieht sich ziemlich meinem
Gedächnis. Bin wohl um fünf Uhr morgens mal um den Block gegangen. Eine
Routine ist aber eingekehrt. Ich arbeite an einem Kundenauftrag weiter,
erst mit einem Finger tippend, dann mit zehnen, als ich eine Stütze für
den Arm gefunden hatte. Es muß an diesem Tag gewesen sein, als ich
herausfand, wie ich ein Hemd anziehen kann. Draussen ist es abgekühlt,
und mir ist kalt gewesen. Bis dahin habe ich auch keine Tabletten
genommen, damit sie mir nicht das Gefühl nehmen, was für Bewegungen ich
machen darf und wann sich der Bruch wieder auseinanderzieht. Jetzt
gönne ich mir eine am Tag. Die Schlaflosigkeit hat sich auch gegeben,
im Gegenteil habe ich einen bleiernen Schlaf, wenn ich erst einmal eine
Sitzposition gefunden habe, wo nichts auf die Schulterblätter oder Arme
drückt.
Sonntag, 22. 8. Der Motorradkumpel kommt mich wieder besuchen
und hilft mir. Später kommt noch einer hinzu. Bin nach einer Stunde
ziemlich müde und die verletzten Stellen tun weh. Kann noch zwei
geprellte Rippen lokalisieren. Aber bis dahin haben die beiden sich
kurzgeschlossen und der eine führt nach Möglichkeit die Touren des
Clubs weiter.
Montag, 23.8. Um fünf Uhr morgens stelle ich fest, dass DSL
nicht mehr läuft. Meine Störmeldung wird anerkannt und ist die erste.
Ich krieche unter dem Tisch rum und stöpsele das alte Modem wieder ein.
Habe es auch geschafft, Brote zum Frühstück zu streichen. Die Nacht war
übel und auf dem inzwischen gewohnten Rundgang Arzt wg.
Verbandswechsels / Kaufladen für die paar Lebensmittel, die ich tragen
kann, bleibt mir die Luft vor Schmerzen weg. Muss wohl die Krise
gewesen sein, denn ab dem Abend kann ich wieder ganz gut arbeiten bzw.
herumlaufen. Der laufende Auftrag hat, bei 3 Tagen Verspätung, mit
einem Dutzend Seiten technischer Übersetzungen einen Zwischenabschluß
gefunden. Ich finde jeden Tag neue Löcher in meinem Korpus, jetzt
fallen mir die am rechten Schienbein und der Ferse auf. Symmetrie zum
anderen Bein wiederhergestellt. Die auf der Schulter und am Ellenbogen
sind noch nicht geschlossen (seufz).
Dienstag, 24.8. Juhu, heute muß ich nicht zum Arzt (sie haben's
mir aber freigestellt, falls ich Hilfe brauche). Der Arbeitsdruck ist
kurzfristig etwas geringer geworden bzw. ich nehm's mal etwas leichter.
Für den aktuellen Auftrag hab' ich ja die Ergebnisse gefaxt und
bewiesen, daß die Termine nicht allzusehr in Gefahr sind. Der Dreck im
Zimmer geht mir auf die Nerven und ich zerre einen Staubsauger herum.
Ein guter Bekannter kommt in Versicherungsangelegenheiten vorbei und
hebt, neben diversen Erörterungen, den nächsten vollen Sprudelkasten im
Keller obenauf. Ich beobachte, dass ich den Arm auf der verletzten
Seite immer noch ungerne bewege, aber das Gewicht des Arms doch aus
eigener Muskelkraft heben kann, ohne daß sich der Bruch verschiebt.
Mittwoch, 25. August. Alles Betteln hilft nichts, der Arzt sagt,
die juckenden Verbände über ein paar Abschürfungen an Arm und Schulter
dürfen nicht wegfallen, weil Knochen drunterliegen und sonst infiziert
werden könnten. Habe heute mein T-Shirt zum erstenmal selber
ausgekriegt, bloß beim Anziehen brauche ich Hilfe. Ich lasse mir den
Rucksackverband für's Schlüsselbein enger schnallen (autsch) und gehe
das Projekt "Küchenabfälle auf den Kompost schleppen" erfolgreich an.
Eine Mailfreundin schaut rein und bringt einen ganzen Vorrat leicht
handhabbarer Büchsensuppen mit Ring-Pull plus ein paar Snacks mit.
Prima Idee, die gibts nicht beim Spar-Laden nebenan (? muss mal
schauen).
Donnerstag, 26.8. Eine Autofahrt von 10 km zu einem schon
wochenlang festliegenden Kundentermin. Ich bearbeite den doch nicht ein
halbes Jahr und sage dann von mir aus ab. Zur Nachahmung würde ich
eigentlich nicht raten. Man kann nicht mit einer Hand um eine Ecke an
der Kreuzung biegen und dann packt man doch mit der verletzten Seite
zu, der "Schulterblick" fällt aus, eigentlich sogar die Sicht nach
links, wenn man vorfahrtspflichtig ist, und gelegentlich sollte man ja
auch den Blinker setzen. Ein Schlüsselbeinbruch vermittelt eine ganz
neue Meinung über einen bisher als glatt empfundenen Straßenbelag, und
danke an die Ortsverwaltung von Oberpleis für die extreme Schwelle am
Ortseingang. Nun, ich bin halt gefahren wie die Senioren, die ich schon
immer zum Aufhören auffordern wollte. Aber mein Kunde, ein guter
Bekannter, hatte sich die Zeit für den Termin genommen, sich
vorbereitet und es hätte nicht besser laufen können. Auf dem Rückweg
noch einen Akkusauger gekauft, der bei Plus gerade angeboten wird -
auch in meinem Zustand ist es jetzt ein Klacks, eklige Spinnennetze,
Asseln oder Staubflusen "zwischendurch" zu entfernen. Einhändig einen
Wandhalter eindübeln, ging jedenfalls besser als Autofahren...
(Abends) Und wieder findet mein Leibgericht Bigmäc samt Salat den Weg
zu mir, plus eine Auswahl meiner Lieblingskuchen:-).
Freitag, 27.8. Schon wieder rutscht der Rucksackverband auf mir
rum wie wenn eine Zehnjährige den BH ihrer Mutter angezogen hat. Was
soll der wohl fixieren - tut nur weh, wenn es auf die falschen Stellen
drückt. Eine ganz junge Praktikantin beim Arzt findet, trotz meiner
Reklamation schon beim allerersten Besuch, erst heute die Ursache: "Der
ist ja viel zu weit, das Klettband greift nicht mehr , wenn er eng
eingestellt wird". Aha. Das ist dann das Gegenstück zu dem Getuschel in
der Notaufnahme des Krankenhauses Linz: "Wir haben nur noch M und XL" -
"Nimm halt XL, wird schon passen". Grr. Der Arzt richtet's resolut, es
schlackert auf einer Seite aber schon wieder lose.
Ich kriege wohl einen Vorgeschmack auf die Lebensweise, die ich als
80-Jähriger zu erwarten habe. Bisher als Idiotien betrachtete
kraftsparende Einrichtungen wie Elektromesser oder motorisierte
Büchsenöffner gewinnen sehr an Attraktivität, ebenso wie leichtes
Kochgeschirr aus Alu gegenüber den soliden Töpfen. Und ich nehme
keineswegs ab wie erhofft. Bei einer Lebensweise vorwiegend in der
Wohnung reicht eine Scheibe Brot dicke für den halben Tag und eine
Brühe mit Ei ersetzt das Frühstück.
Weiß der Teufel, warum ich zunehmend kurzatmig bin oder mich so fühle.
Meine zwei Lieblingsrippen sind zwar offensichtlich geprellt, aber
gebrochen mit Folgeverletzungen können sie nun doch nicht sein.
Samstag, 28.8. Ein Hausbewohner hilft mir heute morgen, den
Rucksackverband provisorisch mit einer Sicherheitsklammer so zu
verkürzen, daß er Erleichterung bringt. Heute war, nach einer
Arbeitssitzung an komplizierten Website-Codes vormittags, die beste
alle Ex-LAG's zu Besuch, wie Rotkäppchen mit Leckerchen im Körbchen und
bereitwillig eine ganze Liste von Hilfen, wie Stützverband auf Maß
kleiner nähen, den eilends angeworfenen Waschmaschinenlauf auf die
Leine hängen, Bett neu beziehen usw. auf sich nehmend.
Sonntag, 29.8. Auch diese Nacht fiel es schwer, eine
einigermaßen schmerzfreie Sitzstellung zum Schlafen zu finden. Dennoch
war ich am Morgen experimentierfreudig und schaffte es, in typischer
Gebetsstellung nach Mekka (natürlich nur auf eine Tischplatte gestützt)
die Arme so über Kopf zu plazieren, dass ich mein T-Shirt aus- und nach
dem Waschen wieder eines anziehen konnte.
Der Tag galt dem Weiterbasteln an einer Kundenwebsite. Nachdem dieser
Bericht doch Tag für Tag über mein Leben und meinen Freundeskreis
Auskunft gibt, habe ich auch daran etwas getan und ihn durch einfaches
Passwort für den weiteren Bekanntenkreis etwas geschützt. Heute war es
ein Motorradfreund aus Windhagen, sozusagen der Besucher vom Dienst,
der besorgt nach mir gucken kam.
Ich belaste den linken Arm teils bewusst (vorsichtig), teils unbewusst
(leichtsinnig, z.B. mich auf der Sessellehne aufstützend) bereits.
Hoffentlich geht das gut. Im Halbschlaf oder von einem Klingeln
hochschrecken tut jedenfalls noch weh.
Montag, 30. August.Wieder mal der Tag des Verbandwechsels, die
Tortur des Hemdaus- und Anziehens etc. zweimal an einem Morgen. Noch
einmal wiederkommen, dann können die Verbände ab bleiben und die Wunden
an der Luft trocknen. Die Hilfe, die mich verarztet, ist ausgelernt
(Arzthelferin?), macht eine betriebswirtschaftliche Ausbildung an einer
Fachhochschule und wird irgend wann in der Lage sein, eine Klinik oder
sowas zu managen. Nicht übel, dass dazu praktische Arbeit am lebenden
Objekt gehört. Das ist ja so, als wenn ich als Buchhalter in einem
metallverarbeitenden Betrieb ein Praktikum im Schweissen gemacht habe
(hab' ich auch, aber normal ist das nicht;-). Die andere, gaanz
vorsichtig vorgehende lernt dort Arzthelferin. Und (juhu) der Arzt
meint, der Bruch heilt gut und stehe nur wenig über.
(freu) Mein Klemmbrett, das ich jetzt für Entwürfe gut brauchen könnte,
hab' ich zwar irgendwo unauffindbar vermasselt, aber dafür die
Zeichenplatte ausgebuddelt. Die ist noch besser: Ausdrucke einspannen,
damit sie nicht ohne Festhalten verrutschen, und Linien ziehen können,
ohne mit der zweiten Hand ein Lineal festhalten zu müssen.
Aus meinem Editorial auf der Website des Sportclubs:
Gedanken in eigener Sache: habe mir das Schlüsselbein gebrochen und
festgestellt, man kann nichts Besseres tun, um über so etwas hinweg zu
kommen, als sportlich trainiert zu sein.
Beispielsweise schreibt ein Betroffener in einem Forum:
"alleine Aufstehen ist auch fast unmöglich, ich liege da wie eine
Schildkröte auf dem Rücken. Das geht nur, indem ich aus dem Bett
gleite, dann vor dem Bett irgendwie in die Sitzposition komme und dann
aufstehe." Dank gnadenloser Situps im Training schaffte ich sowas von
Anfang an nur mit den Bauchmuskeln (die gesunde Schulter zu belasten,
hat wie bei einem Waagebalken keine geringere Belastung für die
gebrochene Seite zur Folge, als wenn man sich gleich mit dem Arm auf
der lädierten Seite aufstützt...). Und was ich im Training äusserst
ungerne tat (lädierte Meniskus), nämlich das Niederknien und Aufstehen
ohne Hilfe der Hände, bewährt sich jetzt, wo man ungerne den Oberkörper
beugt, hervorragend, etwa wenn es aus dem Knien etwas vom Fußboden
aufzuheben gilt oder man für die tägliche Haarwäsche vor dem
Waschbecken kniet.
Abends habe ich meine Chance genutzt und mir zweimal nacheinander
Spießbraten von der Kirmes nebenan geholt. Das Wiederkommen hat man mir
am Stand (der Windhagener Metzger Jünger) entweder als Anerkennung oder
als Reklamation angerechnet und mir zwei Stück Braten, bestimmt
anderthalb Pfund, auf den Teller gepackt.
Dienstag, 31. August. Wie immer nachts wachgeworden, aber heute
dafür bis viertel vor Zwölf durchgeschlafen. Dann aber noch eine
schönes Stück Kundenauftrag fertiggestellt. Noch liegen die Arbeiten im
Terminplan (schwitz). Eigentlich war ein Termin bei einem Privatkunden
(Komponist und Musikverlag) angesetzt, neu ohne nennenswerte
Verdienstaussichten als Referenz angeworben, aber der hatte Verständnis
für eine Verschiebung. Bin froh, daß ich nicht autofahren musste.
Mittwoch, 1. September. Nach einer unruhigen Nacht ein paar
Tabletten genommen und nochmal in tiefen Schlaf verfallen. Irgend ein
Anrufer hat mich dann aufgeweckt, der nichts auf den Anrufbeantworter
gesprochen hat, grr. Zu spät, um die Verbandspflaster beim Arzt
entfernen zu lassen, aber gut für den Arbeitstag. Nun gut, hab' ich
eben das eine am Ellbogen, an das ich rankomme, selber entfernt und
alles mit Leitungswasser gereinigt. Habe auch das Gefühl, daß der
Rucksackverband zunehmend auf empfindliche Partien drückt.
Bin auf dem besten Wege, mich durch mein Bücherregal zu arbeiten.
Den Nachmittag habe ich doch wahrhaftig auch wieder verschlafen. Aber
wieder ein kleiner Fortschritt, ich kann mir herkömmliche Konserven
aufmachen und war daher in der Lage, mir meinen geliebten
Mais/Kidneybohnen-Salat zuzubereiten:-).
Donnerstag, 2. September. Der Tag fing nach gutem Schlaf (bis
9:00 Uhr!) unternehmungslustig an: mutig befreite ich mich von dem
T-Shirt von Montag (naserümpf), was sicher nicht weniger pathetisch
aussieht als bei einem Schmetterling, der aus seinem Kokon rauswill,
oder einer Schlange, der die Haut zu eng geworden ist. Warum zum Arzt
pilgern, den letzten Pflasterverband auf der verletzten Schulter kriege
ich auch noch ab. Mal den Rucksackverband im Spiegel betrachten. Aha,
des Rätsels Lösung, wie der Arzt den nachgestellt hatte: er hat den
Klettverschluß anders geführt, als sich der Konstrukteur vorgestellt
hat, und ihn einfach in die Polsterung eingehakt. Hmm, wenn ich
_diesen_ Riemen irgendwie zu fassen kriege, könnte ich doch ...
gedacht, getan, eine Menge Verrenkungen und das Ding spendet zum
erstenmal seit Tagen wieder Erleichterung - die Schulter hängt
beruhigend wie eine Hängebrücke am Nacken. Damit die Wunde trocknen
kann, ziehe ich mal kein T-Shirt, sondern eines von meinen drei
Unterhemden (neuhochdeutsch "Muscle-shirt") mit Trägern an und stelle
dafür das Heizöfchen im Büro höher.
(Abends) Die erste Gartenarbeit, Dinge, die nicht verschiebbar sind:
die Rosen gegen Rostflecke gespritzt und die Petersilie, arg von den
Schnecken dezimiert, mit der Grasschere frei geschnitten, alles
einhändig. Toll, mein Telefax spuckt ein Angebot eines "Fachversandes
für Notfallmedizin" aus, das nur an "Kunden ihrer Vertragspartner"
gehe. Danke, liebe Fachwelt, dass Ihr an mich denkt.
(Später abends) ... und wieder einen Auftrag abgearbeitet (freu).
Konnte aber kaum mehr am Schreibtisch sitzen und habe zur Entspannung
einen ganz weiten Spaziergang gemacht, die 200 mtr. zur Kirche und
zurück. Naja, eher zur neuen Pizzeria gegenüber, mal neugierig auf die
Speisekarte gucken;-).
Freitag, 3. September. Ätzend, morgens mit einem Wehwehchen
aufzuwachen, aber mein Spezial-Rezept mit Aspirin hat's gerichtet. Ich
kann schon viele Tricks wie Hemd ausziehen, Gürtelhose zumachen usw. ,
aber entspannt liegen gehört noch nicht dazu und lange am Schreibtisch
sitzen und tippen, ist wohl auch nicht schonend.
Als erste Tagesarbeit hab' ich herumtelefoniert, wo ich einen Drehknopf
für's Auto-Lenkrad zum einhändigen Fahren her kriege. Eine Bekannte
(80, gelähmt) hat sowas. Antwort: sind längst verboten worden. Nun,
einen Umbau mit TÜV-Genehmigung wollte ich mir nicht antun. Da musste
einer meiner Unterschränke im Büro dran glauben: ausgeräumt, hingelegt
und ihn einer Lenkrolle beraubt, prima zum Anfassen, mit Drehgelenk und
Flansch. Stattdessen ruht er jetzt auf dem "Schakal" von Forsyth, passt
auf den Millimeter und diese Art Roman hat mit intelligenter,
unterhaltender Literatur ungefähr so viel zu tun wie eine LKW-Hupe mit
einem Symphonieorchester. Die Lenkrolle ist bombenfest mit drei
Kabelbindern an Lenkradkranz und -Speiche fixiert und damit brauche ich
keine Sorgen zu haben, wie ich ohne Umgreifen an einer Kreuzung um die
Ecke komme.
Ein Freund fragt mich nach diesem
Bericht, wo ich das Zeug herkriege, was ich angeblich rauche. Hier ist
der Beweis, es funktioniert im real life.
Samstag, 4. September. Heute sah man mich einhändig ein paar
Kartoffeln für's Sonntagsessen aus dem "Acker"
graben/hebeln/drehen/ziehen. Die Abschürfungen (manche sehen aus wie
Verbrennungen), an Schulter, Ellbogen, Wade und Knöcheln heilen
einigermaßen, die an Armen, Knien etc. sind schon vernarbt. Ich
orientiere mich an den Schürfwunden: wenn die verheilt sind, sind
hoffentlich die Knochen auch zusammengeheilt.
Den größten Teil des Vor- und Nachmittages habe ich aber zur
Abwechselung verschlafen. Nach dem Abendessen (Lachs aus dem
TK-Schrank, Reis, Pfannengemüse aus der Dose) geht vielleicht der Kampf
mit einer schwedischen Kundenwebseite, die es umzuschreiben gilt, noch
ein bisschen weiter.
Sonntag, 5. September bis Dienstag, 7. September.Eigentlich
hatte ich mein "Unfalltagebuch" an dieser Stelle abgeschlossen - die
Berichte (und die Tage) gleichen sich ja. Morgens
aua und missmutig, langsames Quälen durch's Anziehen usw., viele
Pläne, bisschen Arbeit, zumeist Hausarbeit, die einem sonst in
ein paar Minuten am Tag von der Hand ging, und abends die
immer vergebliche Aufgabe, eine annehmbare Stellung zum Schlafen
zu finden - und das, wie mir mal wieder vor Augen geführt wurde,
wegen eines so kleinen Knöchelchen.
Wenn ich einen Bericht von mir aus de.rec.motorrad bekannten Bikern
lese wie auf
http://www.rrr.de/~sparta/unfall/crash.htm,
sehe ich doch, dass ich für einen kleinen Leichtsinn eine angemessen
geringe Strafe abgekriegt habe, im Vergleich zu anderen, die einfach
Pech hatten.
Ja, inzwischen gibts nicht so viel Neues. Sonntag kommt ein Kumpel aus
der Motorradszene vorbei, eine nette Abwechselung. Für Montag sagt sich
wieder jemand an, der früher mit uns gefahren ist und keine Ahnung
hatte, dass ich nicht ganz so mobil bin. Natürlich gleich überredet,
mir meine Standardversorgung aus dem dortigen McDonalds mitzubringen,
Bigmac und großen Salat mit irgend 'ner Fleischbeilage (schlemm:). Ich
kämpfe mit der Website des aktuellen Auftrages.
Beim heutigen Einkauf treffe ich einen Freund aus Windhagen, der vor ein paar
Tagen auch nach mir gesehen hat, und eine Patientin, die vor dem
Krankenhaus Linz etwas Luft schnappte, als ich auf meinen hilfreichen
Rücktransport wartete.
Mit meinem Lesestoff bin ich auch bald am Ende, obwohl er von der
leihweise um div. Bikerbücher u.a. verstärkt wurde.
Mittwoch, 8. September 2004, Tag 22. Ein bestürzendes
Untersuchungsergebnis. Ich
darf
den
Rucksackverband sicher noch Monate tragen und brauche mir auch keine
Gedanken mehr zu machen, ob ich dieses Jahr noch Motorradtouren
mitmachen oder zum Karatetraining gehen sollte.
Naja, jedenfalls war heute mein Röntgentermin in Oberpleis (die
Arztpraxis ist genau am Busbahnhof, also zukünftige Termine lege ich
auf die Ankunft der Busse aus Himberg, nicht weit von mir, und brauche
wirklich nur ca. 5 km mit dem Wagen zur nächsten Haltestelle
hinzuwackeln). Der Tag fing lehrreich an, nämlich ich setze mich in's
Auto, starte und höre genau nichts. Wohl doch etwas schwach, die
Batterie, oder ich bin beim Basteln vor einer Woche an den
Fahrtrichtungsanzeiger gekommen und eine irregeleitete Parkleuchte hat
die Batterie leergesaugt. Also in der Arztpraxis eine Verspätung
angekündigt, nachgeladen und
glücklich angelangt.
Der Unfallchirurg in Oberpleis zieht schon ein langes Gesicht,
wie er mich mit dem Arm in instinktiver Schonhaltung den Gang entlangkommen sieht und schimpft, als er den viel
zu großen, zu locker eingestellten Rucksackverband sieht - den hätte
ich auch auf den Nachttisch legen können, mit gleicher Wirksamkeit. Die
Röntgenbilder ergeben denn auch, dass genau nichts zusammengeheilt ist,
die Knochen stehen noch zentimeterweit auseinander. Er findet einen passenden in seinen Beständen und
schärft mir ein, morgen früh wiederzukommen und ein T-Shirt
mitzubringen, da es besser sei, sowas unter dem Verband zu tragen als
ein leichtes Trägerhemd drüberzuziehen. Mein Lachkrampf ob dieses
Hilfsangebotes, eine halbe Tagesreise für mich entfernt, tut nicht weh,
die Schmerzempfindlichkeit ist ja schon ca. am Tage 16 vergangen
gewesen.
Wir haben uns dann darauf geeinigt, daß ich den von mir behaupteten
Möglichkeiten einer minimalinvasiven Operation in Köln nachgehe (kannte
der Arzt nicht, ich weiss aber aus dem Internet, dass man das nach der
verstrichenen Zeit eh vergessen kann). Die Ärzte hassen Operationen am
Schlüsselbein als unnötig (kein Halt für Schrauben, keine umgebende
Körpermasse, sondern nur dünne Haut drüber, die an Metallteilen etc.
sofort durchscheuert, daher auch Infektionsmöglichkeit mit so richtig
Leben in der Wunde etc), aber dieser hier beruhigt mich, die
Schreckensstories, dass der Knochen nie zusammenheilt, sondern sich nur
eine Knorpelbrücke bildet, können genauso bei der konventionellen
Methode passieren.
Naja, um die Logik nicht zu strapazieren, ist mein Auto zwecks
Rückfahrt natürlich genau so wenig angesprungen wie für die Hinfahrt.
Glück muß man haben, so hatte ich doch die Zeit, mir bei Aldi um die
Ecke ein paar Sachen zu besorgen, bis der Pannendienst kam und mein
Auto einfach auflud, um es mir vor die Tür zu stellen. Bin froh, daß
ich die paar Mark jährlich für den Aufpreis des Schutzbriefes bei der
HUK-Coburg aufgewendet habe, hat sich alles auf einmal gelohnt, als
ich's brauchte. Nicht wegen der Finanzen, sondern: Servicenummer
angerufen, gefragt worden, wo ich bin, samt Fahrzeug zuhause angekommen
(freu).
Donnerstag, 9. September 2004, Tag 23.
Gestern abend war ich nicht so gut drauf, sorry an alle, wenn ich auf
freundliche Ansprache nicht nett reagiert habe. Heute
habe ich nur noch Lust, mich 8 Wochen still in eine Ecke zu setzen und
keinen reinzulassen.
Habe vorsichtshalber gleich zwei Termine in der Kölner Uni-Klinik für eine Untersuchung
zwecks operativer Fixierung gemacht: privat bezahlt nächsten Montag, da der
für Kassenpatienten erst am 6. Oktober möglich ist. Mindestens letztere kann ich mir
schenken, nach 7 Wochen wäre eine Operation eine medizinische
Sensation. Egal welcher Termin, da fahre ich
wahrscheinlich 100 km auf Risiko und es kommt nichts dabei heraus.
Nach dem ganzen Hin und Her ist immerhin Abwechselung in die Schmerzen
reingekommen: beschwerdefrei beim Liegen bzw. nach wie vor natürlich
nur Anlehnen im Bett, aber Probleme bei Bewegungen. Für den Bürostuhl
habe ich mir ein paar mehr Kissen zur Stütze hingelegt, aber zu Tricks
wie anziehen usw. bin ich nicht besonders aufgelegt.
Freitag, 10. September 2004, Tag 24. Versuche, irgendwie
wieder Haltung zusammenzukriegen. (Hat der Arzt auch angeraten, aber er
hat's im Zusammenhang mit dem Rucksackverband usw. gemeint). Seit der
Untersuchung mit ihrem schockierenden Resultat habe ich mich kaum
getraut, den betreffenden Arm zu rühren, zumal die stressige Fahrt und
der ungeplante Extra-Aufenthalt wohl doch eine Belastung darstellte.
Dabei soll ich ihn bewegen, solange ich nicht über die Waagerechte
hinausgehe.
Mein Aushang beim hiesigen Kaufladen "Hilfe für Haus und Garten
gesucht" hat genauso wenig Resonanz gebracht wie der letzte Anlauf, als
man dort jemanden vermitteln wollte. Einen richtigen Gärtner, Pflegedienst o.ä. zu
bestellen, wäre aber auch überzogen. Wäre ja nett, wenn ich einen
Rucksackverband zum Wechseln hätte und ihn waschen könnte. Verschrieben
kriegt man jedenfalls keinen zum Wechseln, und eine Internetbestellung
wird wahrscheinlich ewig brauchen.
Heute habe ich mich mal aufgerafft, angezogen und bin nach draußen
gegangen. Das Auto sprang einwandfrei an. Teufel auch, was hatte ich
eigentlich gegen ein handliches mit Servolenkung einzuwenden gehabt,
als ich es anschaffte?;-). Naja, jedenfalls habe ich es einhändig in
die Garage bugsieren können. Da ich bis zum Spar-Laden gegangen bin,
sind wieder Obstsaft und Konserven im Haus. Und der Hausarzt meint,
eine ganz konventionelle Operation mit ca. vier Tagen Krankenhaus sei
ja vielleicht in meinem Fall doch am Platze. Da kommen die Mediziner
aber früh drauf, das werde ich mir ganz sorgfältig überlegen.
Samstag, 11. September, Tag 25. Das Ruckeln in der Schulter bei
falschen Bewegungen nervt mich enorm, jetzt, wo ich weiß, dass es sich
wirklich um den unverheilten Bruch handelt. Ärgert mich auch, dass ich
mit einer Operation die anfänglichen Schmerzen beim Liegen usw. neu
erdulden soll, während sie nach zwei Wochen schon fast weg waren. Meine
Vorräte an Obstsäften und Konserven sind schon ganz schön
zusammengeschmolzen. Gottseidank hat ein Hausnachbar, wie schon vor einigen
Wochen angeboten, es übernommen, mir frische Säfte mitzubringen (freu).
Konserven habe ich bei Spar inzwischen gute entdeckt. Ich muß bloß
darauf achten, daß ich nicht zu viel Zeugs auf einmal einkaufe, das
Tragen ist doch beschwerlich.
Die laufende Auftragsarbeit ist in der "heissen Phase", schon, weil sie
vor einem evtl. Krankenhausaufenthalt im Wesentlichen durchgezogen oder
wenigstens vorzeigbar sein muß. Und auch die häuslichen Arbeiten, von Haare schneiden bis
Wäsche falten, gehen irgendwie weiter. Unterhemden brauche ich keine zu
waschen, der letzte Arzt hat den Rucksackverband, an den ich nicht
rankomme, zuvorkommenderweise zwecks Hautschonung über dem Unterhemd
angelegt, sodaß ich's eh nicht auskriege.
(Hoff) vielleicht kommt morgen irgendwer zum Quatschen vorbei. In den
ersten Tagen musste ich schon mal abwinken, damit nicht mehrere
gleichzeitig kamen und zu mehr als ein paar Minuten war ich wegen der
Schmerzen auch nicht aufgelegt. (Jetzt müssen meine Freunde höchstens
gelegentlich Verständnis haben, wenn ich mal 'ne E-Mail-Antwort noch
kurz und knapp durchhaue. Das ist nur in Fällen, wenn ich z.B. schon
lange vor dem Compi gesessen und das Gefühl habe, ich müsste mich
ausruhen bzw. im Bett aufwärmen). Am Telefon hab' ich keinen der
einschlägigen Leute für Small-Talk erreicht (grins), sind wohl alle
beschäftigt.
Sonntag, 12. September, Tag 26.
Das Sitzen am Schreibtisch bringt zunehmend Beschwerden mit sich. Hmm,
ich glaube, ich habe den Unterbau aus Kissen und Decken auf dem
Schreibtischsessel platt gesessen und jetzt stützt sich nicht nur der
Unterarm zum Tippen auf der Armlehne ab, sondern lastet mit vollem
Gewicht drauf. Oder es ist die Folge der vielen Schreiberei auch die
Nacht durch (wenn ich sowieso zwischendurch wach bin) oder der
morgendliche Mißmut. Naja, an die Arbeit, die Hälfte ist erstmal
fertig.
Abends: (freu) heute drei nette Anrufe und ein Besuch mit dem
Motorrad. Und die Hauptarbeit an der laufenden Website ist so weit
abgeliefert, daß sie mir nicht den Kopf abreissen werden, wenn die
Restarbeiten durch medizinische Maßnahmen unterbrochen werden. Für's
nächstemal (grins) hat mir mein Versicherungsagent eine bezahlbare
Unfallversicherung mit Tagegeld (also bei Verdienstausfall) zugesagt.
Bin ja neugierig, was bezahlbar heisst. Meine jetzige
Unfallversicherung ist zwar billig, war aber vor 10 Jahren als
Angestellter mit Lohnfortzahlungsanspruch abgeschlossen und deckt im
Wesentlichen nur Invalidität und Krankenhausaufenthalt ab.
Montag, 13. September, Tag 27. Heute war's ein hektischer
Vormittag, Vorstellung der ersten Fassung des Auftrages. Über der
Arbeit habe ich fast meine Beschwerden vergessen. Auch die
Abschürfungen sind bis auf die vier tiefsten schon verheilt bzw.
vernarbt.
(Freu) ein Hausnachbar hat für mich zehn Tüten Obstsaft von Norma eingekauft
und den untersten, vollen Sprudelkasten im Keller nach oben sortiert.
Säfte gibts mit 60-80 Prozent Aufschlag auch bei Spar, aber die hätt'
ich, wie heute schon bei Konserven praktiziert, in einem Einkaufsgang
je 2-3 Kg (Liter) nach Hause bringen müssen.
Dienstag, 14. September, Tag 28. Der Hausarzt rät zu einer
Operation, Termin für eine erste Untersuchung habe ich in der
Uni-Klinik ja schon für den 17.9. um 8:45 Uhr gemacht. Ein Hausnachbar nimmt
mich am frühen Morgen auf dem Weg zur Arbeit mit bis Stadtrand Köln,
meine Ex-LAG aus Köln verhilft mir zum Rückweg.
Fakten (oder Behauptungen...): Der Bruch zeige nicht die geringsten
Anzeichen einer Heilung. Eine minimalinvasive Operation gestatte zwar
das Verlassen des Krankenhauses noch am gleichen Tag, sei aber viel
länger (3 Std.) als eine herkömmliche (1 Std.), weil der Operateur die
Bruchstelle bei der herkömmlichen Methode sehen und einrichten könne.
Und gerade für mich sei eine Operation, bei der ich nach 3-4 Tagen das
Krankenhaus verlassen und auch meinen Arm gebrauchen könne, besser als
bis Woche 12 abzuwarten, ob's auch ohne geht. Nunja, ein paar Tage lang
versorgt werden, ist gar nicht so unattraktiv.
Der Arzt sprach ungewöhnlich offen über die verschiedenen Krankenhäuser
und hätte ein Krankenhaus in Bonn empfohlen, wenn ich nicht
schon einen baldigen Termin in einer Uni-Klinik zustandegebracht hätte.
Nachmittags klingelt Besuch, kann auch nicht bleiben, fragt nur, ob
gerade was anliegt, was ich nicht selber machen kann. Finde ich gut.
Der Spaß fängt ja erst noch an, z.B. wenn mir einfach mal eine
Deckenlampe durchbrennt.
Mittwoch, 15. September, Woche 5. Gestern abend habe ich ein
unter
hiesigen Gewerbetreibenden lange abgemachtes und extra wegen mir
verschobenes
Meeting wahrgenommen und bin den Kilometer zum Bürgerhaus gewandert.
Heute früh konnte ich mein Bad einfach nicht mehr sehen und habe mir
verstohlen die Sprühflasche mit Seifenlauge aus der Garage geholt, die
ich
sonst für's Motorrad benutze. Schon besser. Den Duschvorhang hatte ich
schon
gestern mühsam abgemacht und eingeweicht. Hab's nachts mit ein paar
Extra
Problemen in der Schulter bezahlt, aber die sind auch wieder vergangen.
Nachdem sich für heute Besuch angekündigt hat, habe ich schlau die
Bettbezüge
runtergezerrt und die Waschmaschine gestartet. Vielleicht kriege ich ja
Hilfe
beim Aufhängen bzw. Beziehen der großen Teile:-).
(später) Mist, der Besuch ist krank und ich hab' gesagt, er soll sich
lieber
selber auskurieren (grins). Aber (jubel) eine Nachbarin fragte mich auf der Straße, wie's mir geht (wusste gar nicht, dass die
von dem
Unfall erfahren hatten),
und ließ
sich auch nicht lange bitten, mir die drei Teile (Spannbettlaken usw.)
zu
beziehen, die ich wirklich nicht selber machen konnte:-).
Donnerstag, 16. September, Woche 5. Wieder so'ne Nacht, wo man
missmutig nach einer Position sucht, wo dann auch gar nichts mehr weh
tut.
Und am linken Arm stellte ich ein Stechen fest, so intensiv (aber
selten),
dass ich guckte, ob sich vielleicht das Einstichsloch irgend einer
Kanüle
entzündet hat. Ist es aber nicht, ist die Sehne. Die nimmt wohl den
Rucksackverband genauso übel wie ich;-). Und wie einem Verdurstenden in
der
Wüste Visionen von köstlichen Getränken überkommen, habe ich die
Vision, dass
ich mir eine Stunde lang den Rücken schrubbe. Nicht mal dem Versuch,
sich am
Türrahmen zu schubbern, war Erfolg gegönnt, da ja zwischen den
Schulterblättern der dicke Verschluß des Verbandes sitzt.
Da ich gestern schön mit dem laufenden Auftrag fertig geworden bin,
habe ich heute vormittag prima die Seite von Paul, eine Speisekarte für sein Restaurant,
durchziehen können. Zu "Schweinshax'n gebraten, Kartoffelpüree und
Sauerkraut, dazu ein Enzian 2cl 11,50 Euro" hat man eben doch ein
innigeres
Verhältnis.
(Stunden später) Ha! Kratzen! ein ganz flacher Holzspan mit einem winzigen Fleck
selbstklebenden Klettbandes drauf, natürlich der Part mit den harten
kleinen
Häkchen, nicht mit dem Plüsch, hat's gebracht (freu).
Freitag, 17. September, Woche 5. Es wird einförmig, war aber
halt
wieder ne Scheiss-Nacht mit dreieinhalb Stunden Schlaf. Heute habe ich
der
Uni-Klinik in Köln einen Besuch abgestattet, wo man eine
fortschrittliche
Operation praktiziert. Nach Schlüsselbeinbruch wird ein einziger
kleiner
Schnitt gemacht, ein Titandraht in den Knochen eingeführt (so wie der
Nagel
in einem gebrochenen Schienbein) und der Betreffende wird anderntags
arbeits-
oder gar sportfähig nach Hause geschickt. Da man mir im Krankenhaus
Linz von
einer Operation abgeraten hatte, ist dies jetzt nicht mehr möglich -
die
durch zwei Zentimeter Zwischenraum getrennten Bruch-Enden sind
zugeheilt und
das heisst, die Nagelung ist nicht mehr möglich und plötzlich hieß es
im
Gegensatz zu dem am Vormittag Gesagten, die herkömmliche Operation sei
risikoreich, würde Tage im Krankenhaus bedingen usw. Ganz nebenbei
erfahre
ich (aber erst, als ich es sehe und selber nachfrage), daß auch noch
ganz
klar ein Splitter feststellbar ist. Um das festzustellen, war ich vom
Termin
8:45 Uhr bis ca. 15:15 Uhr (ca. zwanzig Minuten in drei intensiven
Arztgesprächen, was ich sehr gut finde, die restlichen Stunden aufgrund
Desorganisation und Notfällen) in der chirurgischen und der
radiologischen
Station der Klinik, davon ein bis zwei Stunden, ohne mich anlehnen oder
den
Arm ruhigstellen zu können.
Sie haben mir empfohlen, weitere zwei Wochen abzuwarten, ob die
sechzigprozentige Heilungschance bei mir noch eintritt (naja, die
Super-Operation hat unter idealen Verhältnissen auch nur eine Chance
von 85
Prozent). Die nicht näher informierte Stations-Terminverwaltung hat
allerdings einen Kontrolltermin erst nach vier Wochen machen wollen,
aber das
konnte ich abbiegen. Ich würde nicht auf das Stillhalten eingehen, wenn
nicht
mein Körpergefühl mir Heilung signalisieren würde (stetiger Rückgang
der
Schmerzen), aber wer weiss, ob das realistisch ist.
Das Problem, das ich für das Gesundheitswesen Deutschlands schaffe,
ist, daß
ich mit einer gelben Überweisung des Arztes in Oberpleis, ca. 10 km auf
Nordrhein-Westfälischem Gebiet, angekommen bin. Eine gelbe Überweisung
wäre
wirksam von meinem Hausarzt in Rheinland-Pfalz. Der Arzt in
Nordrhein-Westfalen hätte einen Grünen Schein ausstellen müssen. Ein
Grüner
Schein meines Hausarztes in Rheinland-Pfalz hingegen ist nur für eine
Uni-Klinik in Wiesbaden gültig, kostengünstige 140 km weit weg.
Samstag, 18. September, Woche 5. Gestern habe ich mir im
Internet
einen Rucksackverband zum Wechseln bestellt (laut Hausarzt "furchtbar
teuer",
in Wirklichkeit "nur" um 35 Euro). Da muss mir halt einmal die Woche
jemand
helfen, wer gerade da ist, oder ich gehe "zur Kontrolle" zum Arzt
rüber. Und
sonst versuche ich eben, zur Tagesordnung überzugehen, mit oder lieber
ohne
Schmerzmittel. Wie mir in der Uni-Klinik gestern versichert wurde, kann
ich
keine falschen Bewegungen usw. machen, da ja der Knochen noch nicht
zusammengewachsen ist. Mein Problem verschiebt sich auch eher von der
Gesundheit zur *Langeweile*, zumal mir der belebende Termindruck der
Kundenaufträge (nicht, dass nicht noch jede Menge an dem großen
nachzuarbeiten wäre) fehlt. Gestern bin ich in dem schönen,
spätsommerlichen
Wetter erst einmal einen Block weit von der Klinik zu der belebten
Zülpicher
Straße und zurück gegangen, um mir die Ergebnisse meines Besuches in
der
Uni-Klinik zu überlegen. Obwohl ich drängelnde, stoßende Menschen und
rennende Kinder mit Mißtrauen beobachte, gibt es keinen Grund, nicht
auch mal
das Haus zu verlassen oder auch die Bus- und Sammeltaxiverbindungen zu
nutzen. Und da wäre natürlich noch die Ablage und Buchhaltung von ca.
zwei
Jahren, von der Steuererklärung ganz abgesehen...
Sonntag, 19. September, Woche 5. Wie schön, mit einem Deo-Stift
komme
ich unter den Rucksackverband. Meine Freunde, die Hunde, mögen mich ja
bereits von der anderen Straßenseite her erkennen, ohne hinzusehen,
aber für
normale Nasen möchte ich mich doch nicht gerne als Dauerträger outen.
Vielleicht
sollte ich mal prüfen, ob ich zumindest zur Wochenmitte, wenn
garantiert
keiner von meinen Freunden vorbeikommen kann, Hilfe beim Wechseln des
Rucksackverbandes kriegen kann, wenn der bestellte überhaupt zeitnah
ankommt.
Dafür kann ich zwar auch zum Arzt fahren, aber wie lange sie sich
das
gefallen lassen, dass ich dann erst mal quer durch den Empfang zu einer
vorsichtigen Wasch-Orgie pilgere, sei dahingestellt. Die Dinger sind
wirklich
saublöd konstruiert: warum müssen die Gurte, die auch vorne
durchlaufen,
trotzdem die Nachstellung auf dem Rücken haben und wieso sind die
Polster
nicht abnehm-, wasch- oder auswechselbar, bei etwas, das man 12 Wochen
ununterbrochen tragen soll und wo kein normaler Mensch an ein zweites
Exemplar zum Wechseln rankommt. Vielleicht probier ich mal
Slip-Einlagen
drunter in den Achselhöhlen. (Empört) Und welche Gemeinheit, am Freitag
habe
ich auf den anderthalb Kilometern "Stadtbummel" eine Blase an einem Zeh
gelaufen, die inzwischen aufgegangen ist.
(freu) Naja, wichtiger sind die Sachen, die ich machen kann und will.
Morgen
früh habe ich wieder eine Kundenfahrt, und bis dahin will ich was zum
Vorzeigen codiert, ausgedruckt und hübsch gebunden haben.
Dann kann ich mir auch gleich vom nahegelegenen Aldi ein paar billige
T-Shirts in Übergröße mitbringen, die ich mir leichter überziehen kann
(ein
paar Tage später gibts auch noch billige Sweatshirts - bisher kriege
ich nur
Hemden als Oberbekleidung problemlos übergestreift, alles einigermaßen
körpernahes hakt am Rucksackverband und will schmerzhaft mit Gewalt
über- und
vor allem ausgezogen werden).
Abends bin ich tatsächlich noch zur Tanke nach Rottbitze gewandert,
nach
Zeitschriften gucken usw., mir fiel die Decke auf den Kopf. Immerhin
gab's
spät noch einen Anruf aus der Szene über die letzte Motorradtour und
die
glimpflich verlaufenen 90-Grad-Schräglagen der Neulinge;-)
Montag, 20. September, Woche 5. Heute vormittag schon zwei
Kundenbesuche, zum Arzt und ein "Einkaufsbummel". Plus hat ein Herz für
Leute
mit meinen Problemen, ich kaufe eine Dreierpackung der ersten
Waschhandschuhe
meines Lebens. Jetzt kann das Küchenhandtuch mit mehr Löchern als Stoff
endgültig in den Müll, das ich bisher dafür genommen hatte. Die
Apotheke in
Oberpleis hätte schon immer Rucksackverbände vorrätig gehabt, bloß für
70
Euro statt für 35 wie im Internet. Nein danke, ich spende nur an
Bedürftige.
Und bei Aldi habe ich T-Shirts in bequemer XXL- bzw. XL-Größe für 3,99
Euro
die Zweierpackung ergattert. Das ist es mir für Wegwerfwäsche wert,
wobei ich
nicht weiß, wann ich diese ganzen Hilfen wirklich wegschmeissen kann.
Kann
die Dinger immer noch als Nachthemd-Oberteil nehmen. Und beim Baumarkt
in
Rottbitze erstehe ich eine Lenkrolle (ist nicht als Lenkradrolle
gemeint
(grins) in Luxusversion für mein Auto mit Kugellager. Mein
Büroschränkchen
darf sich auf die Rückerstattung seines vierten Fußes freuen.
Dienstag, 21. September, Woche 5. Als ich mir gestern den für
die
Heilung offensichtlich unerläßlichen grünen statt des gelben
Überweisungsscheines zum Nachreichen in der Uni-Klinik abholte,
korrigierte
der Unfallchirurg in Oberpleis auch den Sitz des
Rucksackverbandes.
Den hatte der Hausarzt bei der Schlußbesprechung am 14.
September zu
hoch angeschnallt er muß am Rücken ungefähr zwischen den
Schulterblätter
zusammenlaufen, anstatt dass die Gurte das Schultergelenk am Rücken
wieder
bis in Nackenhöhe umschließen. Der Arzthelferin in der Uni-Klinik hatte
ich
zwar die Spannung angeben können, aber sie hat sich natürlich wieder
nach dem
vorigen, falschen Sitz gerichtet. Und siehe da, heute hat sich die
zwischen
Ellbogen und Handgelenk arg rebellierende Sehne vollkommen beruhigt.
Seit
gestern ist auch die tiefe Schürfwunde am Fuß abgeheilt, bleibt nur die
am
Ellbogen und die tiefere der beiden an der Schulter.
Heute ist der im Internet bestellte Rucksackverband zum Wechseln
angekommen.
Wenn ich ihn jetzt auch wechseln könnte (seufz)...
Mittwoch, 22. September, Woche 6. Pöh, von den
einschlägigen
"Verdächtigen" hat sich keiner unter der Woche zum Besuch angesagt.
Sind
alles Motorradfahrer, und heute regnet es. Bin ja auch verwöhnt wurden,
jeder
war schon ein- oder mehrmals da. Hab' immerhin den laufenden Auftrag
samt
Kundenkorrekturen erstmal zu einem Abschluß gebracht,
von 7
bis um 16 Uhr. Erst mal was essen. Das Büchsen-Essen an sich geht mir
langsam
auf die Nerven (bin schon zweimal ausgeflippt und zu einer Steak-Orgie
in den
lokalen Gastwirtschaften gelandet;-), aber von Müllers Mühle gibt's bei
Spar
erschwinglich und sehr lecker Suppen in hohen (1235gr.) Dosen. Selber
kochen,
eigentlich mein Hobby, bringt irgendwie noch nicht wieder so den
richtigen
Kick.
Für morgen bin ich beim Zahnarzt in Asbach verabredet. Ich "freue" mich
jetzt
schon darauf, die zwei Serpentinen auf dem Weg zu fahren, und den
Schülerbus
um die Zeit will ich nicht riskieren. Wenn mich einer anrempelt, kommt
Freude
auf, beidseitig. Musste mir denn gerade jetzt ein Stück Weisheitszahn
wegbröckeln, grr. Gestern rief mich noch ein Motorradfreund an, den ich
angesprochen hatte, weil er einen Nebenjob für einen Gärtner ausübt.
Nächste
Woche will er mal nach meinem Garten sehen, schön:-).
Da der Rucksackgurt jetzt schön stramm sitzt (wenn ich ihn
allmorgendlich mit
einem Stab tief bis unter die Schulterblätter schiebe, wenn nötig, wie
vom
Arzt gezeigt), kann ich langsam nicht mehr unterscheiden, ob der Gurt
mehr
weh tut oder der Bruch. Beides in Maßen, aber morgens pocht es im
Schlüsselbein. Ich würde gerne wissen, ob das ein gutes oder ein
schlechtes
Zeichen ist. Belastet wird die Bruchstelle, da ich den Arm sehr schone
und
schon gar nicht über Kopf heben kann, komischerweise beim Gähnen, kauen
oder
wenn sich beim Aufwachen unwillkürlich die ganzen Muskeln dehnen und
straffen, wohl eine Reaktion auf den unbewegten und fast immer halb
sitzenden
Schlaf. Früher hat das, oder ein Zusammenschrecken beim Einschlafen,
oder
auch Kältezittern, recht weh getan, heute wie alles andere kaum mehr
bemerkenswert.
Donnerstag, 23. September, Woche 6. Juhu, ich brauche nicht für
den
Verbandswechsel zum Arzt. Jemand hat sich angesagt "ein bis zwei
Stunden kann
ich Dir schenken" und mir geholfen. Heute nachmittag ging's dann zum
Zahnarzt
in Asbach. Natürlich
hab' ich
die Fahrt mit einem großen Einkaufsbummel verbunden und die Vorräte an
so
wichtigen Dingen wie Gallseife, Haarfärbemittel und Mini-Batterien für
den
Palm Pilot aufgestockt, sowie in mehreren Tranchen einen Vorrat an
Tomatensaft in's Haus geschleppt. Zu Ehren des vorgenannten Besuchers
und
anderer Süchtiger, die mich nicht haben hängen lassen, auch von Plus
einen
Luxus-Drehascher mitgebracht, der meine stilvolle Sardinenbüchse
ersetzt. Es
war der Tag der Tage zum Einkaufen, schüttete wie aus Eimern und
Windböen
zwangen mich, den Schirm (eh nutzlos) in die "gute" Hand zu nehmen. Ich
lernte auch, dass es beim Autofahren ausser Rangieren und Serpentinen
auch
noch eine dritte Widrigkeit zum einhändigen Fahren gibt, Seitenwind,
grr.
Der Besuch hat mir (wie automatisch vereinbart) auf meine
Rechnung
frischen Salat mitgebracht, in dem Fall vom nächsten Supermarkt in
Unkel.
Eigentlich wollte ich ihn mir 2...3 Tage aufteilen ... es war wie im
Rausch,
ich kam zu mir, als ich alles verschlungen hatte;-).
Schlüsselbein hin, Schlüsselbein her, ich muss mich trotzdem dran
gewöhnen,
alles zu unternehmen, was überhaupt geht. Dann heisst es eben, auf
guten
Wegen wandern, statt auf Motorradtouren zu gehen.
Freitag, 24. September, Woche 6. Toll, in 3 Monaten ist
Heiligabend,
und es gibt schon Lebkuchen in den Geschäften. (schwarzseh) Wenn das so
weitergeht, wird das ein Scheiss-Weihnachten;-).
Wie sein Vorgänger, zieht sich der neue Rucksackverband unerbittlich
enger.
Das muss irgendwie mit der Geometrie zu tun haben, wenn sich die
eigentlich
flachen Gurte rollen. Bei diesem hier kann ich zur Abwechselung den
Gurt auf
der verletzten Seite selber nachstellen, weil das Klettband irgendwo
unter
den Achselhöhlen liegt. Wenn ich mal ganz mutig bin, versuche ich, mit
dem
Arm auf der verletzten Seite unter die Achsel auf der anderen Seite zu
fassen. Dazu ist das Klettband mit den harten Häkchen breiter als der
Gurt
(der bleibt ja am Körper nicht so breit wie gebügelt) und steht über,
sodass
die Haut aufgekratzt wird, grr.
Ich habe mir jetzt mutig ein Steak zum Auftauen und Einlegen aus dem
TK-Schrank geholt. Brauche zwar länger für alles, aber gutes Essen will
ich
nun nicht wegfallen lassen. (Hilferuf) Jeder, der zu mir unterwegs ist
und an
einem McDonalds oder dem Salatbuffet der Supermärkte vorbeikommt,
bring' mir
doch einen Salat auf meine Rechnung mit. Von McDonalds natürlich
allemal auch
einen BigMäc:-).
Schlüsselbeinbruch ist rentabel. Heute kam meine Visa-Abrechnung: nur
eine
Tankrechnung vom 30. August während meinem ersten großen Ausfluges mit
dem
Auto, und der Tank ist heute noch, nach 50 km, praktisch voll.
Der Tag heute galt der Gartenarbeit, d.h. ich habe ein- bis
anderthalbhändig
eine Rosenranke, die von links nach rechts voll über den Hauszugang
gewachsen
war, plus so viel von der Budleia abgeschnitten, die mich beim Ausstiegen aus dem
Auto mit
Regentropfen vollgeschüttet hatte, wie in die Tonne passte.
Samstag, 25. September, Woche 6. Der Vormittag begann mit dem
Kampf
mit dem Rucksackverband. Die Klettverschlussbänder mit den harten
Häkchen
sind in der Praxis breiter als die Bänder, in die sie eingreifen, sodaß
ich
gestern und letzte Nacht mich kaum bewegt habe, weil die überstehenden
Enden
sich immer weiter in die Haut reinfrästen. Da ich mir so einen
Klettverschluß
an einer Motorradhose auch schon mal kaputtgebügelt hatte, versuchte
ich
erst, die überstehenden Partien mit dem Lötkolben zu "entschärfen".
Leider
habe ich offensichtlich temperaturresistentes Klettband erwischt, sodaß
dieser Versuch nur der Brandtätowierung unter den Armen diente;-). (Man
versuche selber mal, mit der rechten Hand vor dem Spiegel in/unter der
rechten Achselhöhle zu hantieren, wenn man sich ein Bild davon machen
möchte...). Stunden später: ich habe nach reichlich Versuchen, z.B. den
Rucksackverband wenigstens erstmal auszuziehen, und Verrenkungen jetzt
gewöhnliches Pflaster um die kratzigen Partien praktiziert. So habe ich
Hoffnung, dass die Dinger nicht bis in's rohe Fleisch reingehen, bevor
mal
wieder ein ahnungsloses Opfer kommt und als Assistent rekrutiert wird.
Praktisch: die Haare unter den Achseln, die natürlich als erstes an dem
Pflaster festhingen, bevor ich dieses um den Gurt wickeln konnte, sind
jetzt
auch weg, ich brauche sie gar nicht auszurasieren;-).
Wie der vorige Verband sitzt auch dieser eher halbwegs oben am Hals
statt
zwischen den Schulterblättern, und bei jedem Anlehnen vor allem im
Schlaf
schiebt er sich höher. Das muss noch geübt werden. Die Hausarztpraxis
sind allerdings die letzten Leute, die ich um Rat dazu fragen würde.
Für's Wochenende ist noch Beschäftigung durch Kundenauftrag übrig.
Wahrscheinlich habe ich für Abenteuer wie, mit dem Bus zum nächsten
Flohmarkt
für Lesestoff zu fahren, gar keine Zeit.
(Grummel) Jemand gab mir den trostreichen Rat, ich sollte wirklich was
für
mich tun und mir Krankengymnastik verschreiben lassen.
Sonntag, 26. September, Woche 6. Der Kampf gegen den
Rucksackverband geht weiter - heute morgen fuhr ich instinktiv mit der
linken
Hand (von der gebrochenen Seite) unter die rechte Achselhöhle und
entdeckte
dort noch einen nicht abgedeckten Rand mit Kletthäkchen. Natürlich war
inzwischen die Haut drunter blutig gescheuert. Mit meiner neuen
Fähigkeit
konnte ich auch dort was drunterkleben. Wenn mir der nächste aus diesem
Verband raushilft, wozu er erst mal ein halbes Pfund Pflaster und
Klebestreifen abfummeln muss, werde ich die Laschen spitz zulaufend
zuschneiden und umnähen müssen.
An Kleidung werden mit zunehmender Kühle Teile attraktiv, die ich noch
nie
angezogen habe - bsp. ein Jackett, das so billig war, dass ich es im
letzten
Ausverkauf einfach nicht liegen lassen konnte, obwohl ich es erst zwei
Nummern kleiner machen lassen muss. Jetzt ist es natürlich das einzige
Stück
Oberbekleidung, das ich gut anziehen kann; die meisten Sachen sind viel
zu
eng und bleiben am Rucksackverband hängen bzw. ziehen ihn den Hals
hoch, wenn
ich sie wieder ausziehen will. Ähnlich habe ich eine Anzugweste
aktiviert,
seit es nur im Hemd ziemlich unbehaglich zum Sitzen ist. Den nächste,
der für
mich Zeit hat, gehe ich an, ob er nicht eine leichte XXL-Strickjacke
mit mir
kaufen gehen möchte;-). Vielleicht find' ich so 'ne Opajacke ja auch in
Asbach o.ä.
(Nachmittags) Mutig zum Flohmarkt in Asbach gefahren. Ausbeute (nur
Neuware): eine Art Hausjacke billigster Machart, selbstverständlich
wieder in
XXL. Dazu ein leckerer Salat vom Buffet des Vorteil-Marktes,
wie
ich ihn am Donnerstag auch schon von der gleichen Supermarktkette
mitgebracht
bekommen hatte. Ich hätte ohne diese Liebestat wahrscheinlich das
Buffet
heute nicht mal _wahrgenommen_. Leider nix Ansprechendes zu lesen
gefunden,
jedenfalls nicht zu Wegschmeisspreisen.
Auf dem Rückweg parkte ich an der Tankstelle und pfriemelte mir
erstmal
neue Kabelbinder in den Lenkradknauf, als nebenan ein Freund und Helfer
aus
seinem Auto stieg. Hat aber nix gesehen.
Montag, 27. September,
Woche
6. Heute war nicht mein Tag, aber es gab auch keine
besonderen Sensationen. Mit ner Kundenwebsite rumgespielt und einige
technische Lösungen gefunden, auch tagsüber
viel
geschlafen,
mich (ich kann's genausowenig mehr hören wie Ihr) geärgert, dass sich
dieser
fehlkonstruierte Rucksackverband immer weiter in die Haut reinfräst,
und
souverän beschlossen, den umweltbelastenden Energie- und
Waschmittelverbrauch
zu vermindern, indem ich den Kotau vor dem Waschbecken zum Haarewaschen
sowie
schmerzhaften oder zumindest vorsichtigen T-Shirt-Wechsel auf morgen
verschiebe. Treff' ja doch niemanden. Zumal ich von der Übergröße
sowieso nur
ein paar habe. Der Morgen brachte erstmal ein Springrollo, das von der
Wand
absprang, sodass ich ein paar isometrische Übungen wie Stuhlschleppen
oder
2-mtr-Achse-mit-einer-Hand-einfädeln-ohne-über-Kopf-arbeiten-zu-dürfen
einzulegen beschloß.
Dienstag, 28. September, Woche 6. Man gewöhnt sich
an
alles. Nach einer schmerzfreien Nacht den Vormittag an technischen
Problemen
einer Kundenwebsite rumgetüftelt und Lösungen gefunden. Waschmaschine
laufen
lassen, meinem Wohnzimmersessel die Polster zurückgegeben (habe meine
Zurrgurte für's Motorrad bzw. zum Leimen von Möbeln hergenommen, um mir
div.
Decken oder Bezüge zu Polstern zusammenzurollen, z.B. auch, damit ich
mich
mit dem Rucksackverband im Bürostuhl sitzend anlehnen kann), ein Kunde
fordert einen Besprechungstermin für morgen abend (fast schon Routine,
auszufahren...), ein Kumpel bestätigt einen Termin zur Hilfe im Garten
(freu). Schon gestern habe ich gewagt, mal dem Verlauf meines
Schlüsselbeines
gaaanz vorsichtig unter der Haut mit dem Finger tastend zu folgen, aber
den
Teufel werde ich tun, zuzufassen und auszuprobieren, ob der
Gallertknubbel an
der Bruchstelle irgendwas aushält (schauder). Haar- und Körperwäsche,
die
aufgeriebene Haut unter den Armen hat sich beruhigt und ich habe
Zelltuchservietten als hygienische Polsterung für den Verband besorgt,
nachdem ich rausgekriegt hatte, dass man die vorneherum unter die Gurte
praktizieren und dann mit viel Geduld (leider auch etwas Schmerzen, was
nicht
schlimm ist, und Beunruhigung wegen einer evtl. Verschiebung des
Bruches) an
die gewünschte bzw. schützenswerte Stelle ziehen kann.
Mittwoch, 29. September, Woche 7. Der Freund hat
meinen
Rasen für kleines Geld blitzblank gemäht und versprochen, im Herbst
nochmal
zu kommen. Ein paar Fachtipps sind auch gleich dabei angefallen. Der
Kunde
wollte die Besprechung auf später am Abend verlegt wissen und holt mich
dafür
auch ab, da ich nicht auch noch im Dunkeln rangieren wollte.
In den Internetforen wie www.klettertraum.de bin ich jetzt auf
einige
Meldungen gestoßen wie, daß man bei anderen "nach 6 Wochen schon ein
bisschen
Wolken" (Kallus) gesehen habe bzw. auch, dass die Ärzte der
Berichtenden
gesagt haben, wenn sich nur Bindegewebe statt Knochen an der
Bruchstelle neu
bilde, sei das letztlich genauso stabil. Ganz kann ich letzteres nicht
glauben, zumal ich doch Arbeiten und Sportarten betrieben habe und
wieder
betreiben möchte, bei denen große Kräfte einwirken. Mal sehen, was die
morgige Untersuchung ergibt.
Donnerstag, 30. September, Woche 7. Heute wieder
die
langwierige Fahrt zur Untersuchung in die Uni-Klinik Köln. Ergebnis:
der
Bruch habe zu heilen begonnen, Komplikationen seien nicht zu erwarten,
den
Rucksackverband solle ich am besten weglassen. Habe einen Arztbrief an
meinen
hiesigen Unfallchirurgen bekommen und werde Anfang nächster Woche das
Ergebnis mit ihm besprechen. Lt. Arzt hinkt das Röntgenbild, das
derzeit ein
paar Knochenfasern zeigt, die den Bruch überbrücken, immer hinterher -
sollte
man aus irgend einem Grund die Bruchstücke jetzt trennen wollen, müsse
man
sie bereits aufmeißeln, so stark sei die Verbindung.
Freitag, 1. Oktober, Woche 7. Der Rucksackverband
von
gestern war nur gerade auf Berührung angelegt und damit wirkungslos (da
nicht
elastisch, gibt es nur drei Zustände: unwirksam, voll zupackend,
abschnürend). Ich merke es deutlich, gewisse Bewegungen oder auch nur
eine
vorgebeugte Haltung haben direkt Schmerzen in der Bruchstelle zur
Folge. Wenn
ich überlege, wie die Natur eine Heilung durch Verknöcherung direkt im
Kraftfluß wohl überhaupt zustande bringt, ist die Belastung vermutlich
sogar
nützlich, aber bis zum Besuch beim Unfallchirurgen habe ich mir den
Verband
lieber beim Hausarzt nochmal nachstellen lassen. Toll, dass man mich
nach
sechseinhalb Wochen bereits fragt, ob ich zur Schonung der
durchgescheuerten
Haut vielleicht Kompressen unter dem Verband bekommen möchte. Danke für
das
Angebot, ich habe letzte Woche schon die
gefaltete-Papierserviette-Methode
erfunden.
(Abends) Die Windhagener. Heute geh' ich auf die Straße
raus:
"He, Chef, könnensiemirmalhelfenichhabmirwasgebrochen" und schwups!
befreit
mich ein Passant aus der Hausjacke, die mangels Futter überall anklebt.
Samstag, 2. Oktober, Woche 7. Heute kamen zwei
Wanderfreunde, frühere Kollegen, fuhren mit mir zur Siegmündung bei
Mondorf
und Lülsdorfer Fähre, machten mit mir einen kleinen Spaziergang und
luden
mich zum Essen ein. Manfred hatte eine sehr gute Idee und brachte einen
Vorrat an Salaten für drei Tage mit (freu).
Den Rucksackverband gestern fester stellen zu lassen, war eine dumme
Idee
- ich hatte vergessen, dass er sich noch deutlich zuzieht, weil sich
die
Bänder einrollen. Gottseidank waren die Freunde da und konnten ihn
wieder
weiter stellen.
Sonntag, 3. Oktober, Woche 7. Wäre ein schönes
Motorradwetter heute. Ein Kumpel hat angetippt, ob er mal eine Tour
nach
Windhagen machen soll, aber das ist nicht die schönste Strecke und ich
hab'
ja Beschäftigung (immer noch mit dem alten Kundenauftrag). Zugegeben
war der
Tag herzlich langweilig.
Meinen Emile Zola "Die Bestie im Menschen" habe ich zu Ende gelesen:
eine
kleine Gemeinschaft von Eisenbahnbeschäftigten, die sich letzten Endes
aus
Eifersucht alle nacheinander erstechen oder selber vor einen Zug
werfen, ohne
daß klar gezeichnet ist oder zumindest ohne daß ich's kapiert hätte,
warum
sie so sind. Die "Zeit Bibliothek der 100 Bücher", selber eine kleine
Kostbarkeit mit Rezensionen der empfohlenen Weltliteratur durch Autoren
wie
Augstein, Golo Mann oder auch Wallraff, führt Zola denn auch mit seinem
Roman
"Germinal" auf. Jetzt geht's mit wieder einem Balzac weiter, "Eugenie
Grandet", da wird die Bevölkerung einer Kleinstadt im napoleonischen
Frankreich glaubhafter und plastischer geschildert. Nicht, dass ich
nicht -
wegen der Arbeit - mit leichtem Bedauern davon Abstand genommen habe,
zum
nächsten Flohmarkt zu fahren und mir ein paar Bücher mitzubringen...
Ich versuche, den Arm auf der verletzten Seite mehr und mehr
einzusetzen,
sonst ist die Gefahr größer, daß die Schulter steif wird, als dass der
Bruch
mich behindert. Tasse zum Munde führen, Brille aufmachen, Türen und
Wasserhähne öffnen - alles, was keine ausgesprochenen Kräfte erfordert,
die
zwischen beiden Armen über die Schulter ausgeübt werden, traue ich mich
schon:-).
Dienstag, 5. Oktober, Woche 7. Wie immer vorzeitig
und
griesgrämig aufgestanden, wenn sich so gar keine passende
Schlafstellung mehr
finden ließ, und dafür tagsüber mehrmals ausgeruht. Mühsam ein paar
Triebe
des wuchernden Sommerflieders abgeschnitten, um die (heute geleerte)
Grünmülltonne auszunutzen. Einen wichtigen Abschnitt des laufenden
Auftrages
zu Ende bearbeitet. Das Grundstück habe ich heute nicht verlassen. Abends habe ich bei dem inzwischen gewaschenen,
selbstgekauften
Rucksackverband die viel zu breiten Klettbänder losgemacht, die mir
beim
letzten Tragen die Haut durchgefräst haben, kleiner geschnitten und neu
angenäht. Die unverwüstliche Victoria Nähmaschine schluckte das
Plastikgewebe
vergleichsweise problemlos. Hoffentlich hält die Naht auch...
Montag, 4. Oktober, Woche 7. Heute habe ich die
neuesten
Röntgenbilder mit dem Unfallchirurgen durchgesprochen. Ich soll den
Rucksackverband noch bis Ende Oktober tragen und dann zur
Röntgenkontrolle
wiederkommen. Sport-, Motorrad- und Fahrradfahr"verbot", und ich darf
täglich
üben, die Arme bis zur Waagerechten zu heben.
Autofahren geht wieder mit
beiden Händen (freu).
Nachmittags schneite noch ein Freund aus Windhagen herein:-).
Donnerstag, 7. Oktober, Woche 8. So,
die laufende Arbeit habe ich jetzt abgeliefert. Folgen nur noch
Nacharbeiten, die aber auch nicht ganz ohne sind. An dem
Auftrag habe ich jetzt 8 Wochen gesessen. Durch neue
Techniken, an die sich nicht mal das Mutterhaus des Kunden rangewagt
hatte, hab' ich die Arbeiten denn auch ungefähr viermal gemacht,
natürlich nicht in Vollzeit, aber mir damit auch Beschäftigung für die
Zukunft gesichert.
(Melancholisch) Die Zeit geht irgendwie an mir vorbei, habe ich doch
den letzten Ausflug oder die letzte Ausfahrt gemacht, als es noch um
acht Uhr abends hell war. Nun ja, bis es richtig kalt wird, werde ich
wohl den Rucksackverband (= die ideale Synthese von Zwangsjacke und
Garotte;-) weg lassen können und damit mehr Auswahl an Kleidung haben,
die ich anziehen kann.
Mittwoch, 6. Oktober, Woche 8.
Habe eine neue Fähigkeit wiedergewonnen: auf der Seite liegen. Nicht zu
unterschätzen! Seitdem bringe ich erstaunliche Leistungen im
Durchschlafen, statt eben aufzustehen, wenn Gelenke oder die
Bruchstelle vom Liegen und dem Zug des Rucksackverbandes rebellieren:
ich kann ja meine Stellung verändern und weiterschlafen. Habe auch zum
erstenmal den Arm weit genug nach unten strecken können, um eine
widerspenstige Zehe zum Nägelschneiden festhalten zu können.
Gestern Computerhilfe bei Freunden geleistet und über sechs Stunden
ausser Haus gewesen. Das war noch anstrengend. Hier habe ich doch mehr
Möglichkeiten, mich auszuruhen, genau angepasste Kissen zum Anlehnen
mit dem Rucksackverband usw., und ich wollte auch meinen Gastgebern
nicht die Unterhaltung bieten, von Zeit zu Zeit einen Jingo-Dance mit
Umgreifen auf dem Rücken hinzulegen, um den Rucksackverband etwas
tiefer zu setzen, wenn er nach vorne rumzurutschen anfängt (dazu habe
ich mir aus einem Holzstäbchen einen "Gurtgreifer" gefeilt...) oder ein
paar Millimeter zu verrücken, wenn er genau auf die Bruchstelle drückt.
Freitag, 8. Oktober, Woche 8. (Grummel)
Das mit dem Schlafen auf der Seite muss aber noch geübt werden. Naja,
das Gewicht ein wenig auf eine Backe und eine Wange verlagern zu
können, hilft ja auch schon. Bei den Übungen, die mir der Arzt
aufgegeben hat (Arme nach vorne bzw. zur Seite bis in die Waagerechte
bringen) mogele ich, glaube ich, noch ein wenig. Es muss ja nicht alles
auf einmal kommen.
Eigentlich glaube ich, dass die Mehrzahl der Beschwerden nicht von der
Bruchstelle kommt (die gibt wohl nur noch gelegentlich ein Ziehen wie
bei Zahnschmerzen von sich), sondern vom Schultergelenk. Der
Rucksackverband zieht ja dauernd daran, was auch schon auf der gesunden
Seite weh tun kann. Dazu steht das abgebrochene Stück des
Schlüsselbeines nicht nur an der Bruchstelle um zwei Zentimeter nach
hinten, sondern auch das andere Ende, das ja wohl die Position des
Schultergelenkes bestimmen sollte, ist zu weit vom Gelenk entfernt,
weil sich die Bruchstücke um einen knappen Zentimeter überkreuzen. Die
Ärzte haben einen vergrößerten Spalt am Schultergelenk angemerkt, sich
aber nicht besonders darum bekümmert, also scheint sich auch das von
selber zu regeln.
Und wieder eine Erfindung: habe mir mit einem Bindfaden und der Klammer
eines längst verblichenen Starthilfekabels einen Greifer an einem
Büroregal befestigt, mit dem ich einen Ärmel festhalten lassen kann.
Jetzt kann ich auch diejenigen Jacken alleine ausziehen, die sonst
etwas zu eng in den Ärmeln sind oder einfach mangels Futter am Hemd
"kleben" (freu). Da kommt vielleicht meine warme Hausjacke, die ich
seit dem Kauf noch _nie_ ohne Hilfe eines Passanten o.ä. wieder
ausgekriegt habe, doch noch zu Ehren.
Nachmittags habe ich dann eine ganz große Einkaufstour mit dem Auto
gemacht, bis in's benachbarte Rottbitze. Mist, also um den Lenkradknauf
abzumachen, ist es ein wenig früh. Der sattsam bekannte Rucksackverband
behindert doch ganz schön in der Bewegung und schmerzt auch, weil er
durch Jacke und Autositz entsprechend stramm gezogen wird. Und mehr als
ein paar Kilometer kann man einen Geländewagen ohne Servolenkung kaum
einhändig fahren. Na gut, ein Aktionsradius in die benachbarten Dörfer
ist ja auch schon etwas.
Samstag, 9. Oktober, Woche 8.
Beim heute ausgiebigen Waschen habe ich gesehen, daß die Wunden auf der
Schulter und an der Ferse immer noch nicht ganz verheilt sind. Naja,
hart verschorft sind sie aber schon lange.
Bin heute zu einem Spaziergang in Sicht des Siebengebirges und frischen
Waffeln im Cafe Wolff in Aegidienberg (sehr schön, merke ich mir)
eingeladen worden (freu).
Sonntag, 10. Oktober, Woche 8. Heute
machte ich eine Autofahrt zum Flohmarkt in Niederdollendorf. Auf dem Weg machte ich ein paar Fotos von dem Cafe
für ein Internetangebot. Damit ist meine Reichweite immerhin verdoppelt
und erstreckt sich bis zu den Städten am Rhein. Die Kurvenstrecke nach
Bad Honnef oder nach Unkel werde ich mir aber noch eine ganze Zeitlang
ersparen.
Ein leises Ziehen in der Bruchzone hat hoffentlich nach über 7 Wochen
nichts zu bedeuten. Obwohl mein Arzt, der mir Motorrad- und
Fahrradfahren bis Jahresende strikt verboten hat, vermutlich nicht
drüber nachgedacht hat, wie man einhändig einen Geländewagen ohne
Servolenkung lenkt;-).
Montag, 11. Oktober, Woche 8.
Heut war' nicht grad' mein fleissigster Tag. Naja, ich stürzte mich aus
Imagegründen mit Feuereifer auf das Problem, ob ein Kumpel auch unter
Linux Skat online mit Hilfe von Java-Programmen (nicht Java-Applets für
den Browser) spielen kann. Beim Frühstück wusste ich noch gar nicht,
was der Unterschied ist. Errungenschaften gibt es trotzdem: zum
erstenmal (aus Versehen) mit der linken Hand Haare gebürstet, einen
Zehnkilosack Kartoffeln in den Einkaufswagen bei "Spar" gehievt (aber
einhändig mit der rechten...), und das Bürofenster geputzt (wollte ich
eigentlich mit dem Anstrich nächstes Jahr erledigen, hab' mich aber
geärgert, als ich vorgestern nicht sehen konnte, ob Besuch ankam, weil
die Sonne draufschien - dabei hab ich's 1999 schon mal geputzt). Naja,
"geputzt" - mit der Reinigungslauge für's Motorrad eingesprüht und mit
kräftigem Strahl aus dem Bügelwäsche-Sprüher abgespritzt. Als ich den
aber freihändig, also linke Hand gegen rechte Hand, aufpumpen wollte,
protestierte die Bruchzone doch energisch.
Dienstag, 12. Oktober, Woche 8. Vormittags
habe ich erstmal den Spülkastenautomat für's obere Stockwerk repariert,
der vor einigen Tagen durch einen Riss im Plastik eines Achslagers für
das Schwimmerventil ausgefallen war (Fabrikationsfehler). Mit einer
kompliziert ausgeschnittenen, gebogenen und gebohrten Manschette aus
Edelstahlblech und einer neuen Achse (der Zugstange einer
Edelstahlniete...) habe ich ihm ein zweites Leben beschert. Teufel
auch, wie schnell ein Spiralbohrer in Edelstahl ruiniert ist, und die
Zahl meiner verpflasterten Fingerkuppen hat sich von 1 auf 4 erhöht;-).
Dremel, Bohrmaschine und Eisensäge ließen sich natürlich nicht mit nur
einer Hand betätigen, aber ich hatte keine Beschwerden, wenn ich beide
Arme zu Hilfe nehmen musste.
Nachher kam noch ein Kumpel vorbei, zu einem kleinen Schwätzchen.
Er hatte mir dieser Tage auch zwei Uhrengewichte in seiner
Schlosserwerkstatt gekürzt, da die Knochenarbeit, das massive, 25 mm
starke Eisen im Inneren mit einer Handsäge durchzutrennen, für mich
doch nicht das richtige ist. Nachmittags bzw. abends habe ich die
Pendeluhr dann noch geschmiert und glücklich wieder montiert gekriegt.
Mittwoch, 13. Oktober, Woche 9. Heute
habe ich herausgefunden, dass und wie ich mich aus dem Rucksackverband
rausschlängeln kann, und trotz der Wunde auf der Schulter eine
Dusch-Orgie zelebriert. Keine Schmerzen, keine Beschwerden bei
bestimmten Haltungen und Bewegungen ohne Verband wie noch vor zwei
Wochen.
Das hat natürlich die Frage aufgeworfen, ob ich so einen Verband
überhaupt noch brauche. Wenn ich beweglich und schmerzfrei genug bin,
um diese Prozedur durchzuführen, sollte man denken, dass der Bruch
bereits stabil verbunden ist. M.E. soll der Verband während der
gesamten Heilung die Schulter zurückziehen, sodaß sie nicht verkürzt
oder schief zusammenwächst. Wem glauben - dem Arzt aus der Uni-Klinik,
wo sie über 100 Schlüsselbeine pro Jahr operieren, zu dem ich aber
nicht das geringste Zutrauen habe, oder dem Unfallarzt, dem ich
abnehme, dass er verantwortungsvoll handelt. Habe einen Kompromiß
geschlossen und für ein paar Tage den kürzlich nachgenähten Verband zum
Wechseln über dem Unterhemd angezogen, spürbar aber nicht eisenhart.
Auf der verletzten Seite eng gestellt, übergestreift, reingeschlängelt
und dann mit Verrenkungen auf der gesunden Seite erfasst und
nachgestellt, ist das gelungen. Erkenntnis: streife dir nie, niemals so
einen Verband an einem Möbel oder Türrahmen über, wenn du nicht sicher
bist, dass du auch einen Haken oder sowas findest, um ihn wieder
abzuziehen, wenn er über dem Ellenbogen hängenbleibt. Diese Erkenntnis
hat mich eine Stunde meines Lebens gekostet, in der ich besser
gefesselt war als ich einer Zwangsjacke;-).
Donnerstag, 14. Oktober, Woche 9.
Verunsichert von den Experimenten, den Verband abzunehmen, bzw. den
unterschiedlichen Informationen darüber, ob er überhaupt notwendig sei,
habe ich die meiste Zeit des Tages lieber verschlafen;-).
Wenigstens ist heute beim Duschen (ha! Duschen!) der Schorf auf der
Schulter abgegangen. Jetzt sehe ich nicht mehr ganz so aus, als wäre
ich von einer Trambahn überrollt worden.
Freitag, 15. Oktober, Woche 9.
Habe immer noch einen Hang, mir unter der Dusche stundenlang den Rücken
zu schrubben;-). Wen wundert's. Auf der Narbe wachsen ein paar dunkle
Haare. Sieht dämlich aus.
Den Rucksackverband habe ich heute morgen erst mal aus gelassen. Mutig
den Bruch ertastet, stellte ich fest, das fühlt sich bombenfest an,
auch wenn ich den Arm bewege. Es wird wohl schon die Schulter etwas
steif geworden sein. Ausserdem überlappen sich die Teile des
Schlüsselbeines jetzt und liegen nebeneinander - Zeige- und
Mittelfinger aneinandergelegt, passen genau drüber. D.h. das
Schultergelenk steht ganz anders als gewohnt.
(Mittags) Hmm, jetzt tun Arbeiten (die zweite Wanduhr abgeschmiert und
wieder montiert - braucht keiner 'ne stilvolle mechanische
Pendeluhr?:-) mit Hilfe des linken Armes weh. Habe allerdings eher den
Eindruck, die Schulter sei ausgerenkt, als der Bruch sei instabil. Der
macht sich anders bemerkbar, wenn ich z.B. eine Tätigkeit ausübe, bei
der ich zwischen beiden Händen etwas zusammenpresse. Durch das
verkürzte Schlüsselbein muß wohl die Schulter erst mal eine neue
Position finden.
Jedenfalls ist mir auch heute die Lust zu besonderen Aktivitäten
vergangen. Da muß ich erst mal drüber nachdenken bzw. hinwegkommen.
Samstag, 16. Oktober, Woche 9. Heute
zum erstenmal ohne den Verband zum Einkaufen mit dem Auto gefahren, tat
zeitweise noch arg weh. Wenigstens ein Kundenangebot habe ich heute
rausgekriegt.
Sonntag, 17. Oktober, Woche 9.
Immer noch ist morgens das leidige "ausgerenkt"-Gefühl am meisten
vorherrschend und die Versuchung sehr groß, den Arm tagsüber in
Schonhaltung eng am Körper zu halten. Aber Einübung kann nicht falsch
sein - Muskel- und diffuse Gelenkschmerzen sind häufiger als welche aus
der Bruchzone. Immerhin habe ich es fertig gebracht, meine geliebte
Hühnersuppe zu kochen.
Montag, 18. Oktober, Woche 9. Keine
Änderung. Manchmal hilft ein sanfter Druck tatsächlich und die linke
Schulter schnappt mit einem feinen Knacken ein, wonach ein wenig von
dem unangenehmen Blockadegefühl weg ist. Ein andermal antwortet die
tatsächliche Bruchstelle mit wütendem Protest;-).
Nun ja, Stillhalten hilft bestimmt nicht dagegen. Heute habe ich ein
paar Sträucher beschnitten, nur um die wöchentliche Grünmülltonne
auslasten zu können, und mir meine Hühnerbeine geschmort, trotz
Hantierens mit schweren Töpfen. Wieder ein Erstes Mal: mit beiden Armen
einen Topf Reis in den Kühlschrank gestellt, heruntergebeugt und die
Arme in fast 90-Grad-Winkel vom Körper. Bald werde ich mir meine
Schnürsenkel mühelos zubinden können, wenn das so weitergeht.
Wenn die Kontrolle übernächste Woche ergibt, dass die Knochen wirklich
und wahrhaftig zusammengewachsen sind, ist der Orthopäde und evtl. der
Krankengymnast am Ort meine nächste Anlaufstelle. Wie soll das werden,
wenn ich mal wieder mit der Spitzhacke richtig zuschlagen will - meine
neue Terrasse draussen im Garten ist ja längst in Planung:-).
Dienstag, 19. Oktober, Woche 9. Neuerdings
ein Erstes Mal: ich habe mir meinen Rücken nach dem Duschen
abgetrocknet, d.h. ein Handtuch wechselseitig zwischen der oberen und
der unteren Hand auf dem Rücken hin- und hergezogen. Da es manchmal
ganz gemeine Schmerzen gab, wenn die Hand auf der verletzten Seite zu
weit nach hinten bewegt wurde, ein echter Fortschritt. Heute war ich
mutig bis frech und fuhr meine Röntgenbilder im Krankenhaus Linz
abholen. Einmal dort, konnte ich mich ja auch gleich bei der Bekannten sehen
lassen, die mich von demselben Krankenhaus nach Hause gefahren hatte,
als ich sie zu Hilfe rief, und anschließend endlich ein paar Sachen
einkaufen, die ich in meiner Nähe nicht bekomme wie frischen
Schimmelkäse und Schweineschulter für die nächste Erbsensuppe:-).
Unterwegs protestierte meine Schulter zunehmend, aber erträglich. Ich
fuhr auf dem Heimweg über Kasbach-Ohlenberg, eine Strecke ohne
Haarnadelkurven. Ist halt immer so ein Gefühl, dass die Schulter
ausgerenkt sei - und wie man an dem Foto sieht, fehlen zum Einrenken
theoretisch zwei Zentimeter...
Mittwoch, 20. Oktober, Woche 10.
Heute habe ich mich schon etwas mehr an den verbandslosen Zustand
gewöhnt. Im einhändigen Wäscheaufhängen habe ich schon Übung, man hat
ja fünf Finger zum Manipulieren von Wäschestück und Klammer. Den Arm
auf der verletzten Seite über die Waagerechte zu heben, wird wohl noch
lange Zeit tabu sein. Und ich habe wieder mal eine Wanduhr repariert,
diesmal die von der Bekannten... das waren dann auch schon die
wesentlichen Tagesaktivitäten.
Donnerstag, 21. Oktober, Woche 10.
Diese Nacht habe ich wieder mal vergeblich nach einer idealen
Schlafposition gesucht, zugegeben schlafe ich aber schon lange nicht
mehr strikt im Sitzen. Irgendwie macht ein verheilter Knochen mehr
Probleme als man glauben sollte - vielleicht, weil man sich immer
gerade so viel zutraut, wie der Körper zu leisten vermag. Bei Bewegung
fühlt sich der Bruch bombenfest an, aber im Schultergelenk daneben
knackt und knirscht es zum Gotterbarmen.
Hoffentlich bringt der nächste Flohmarkt in Asbach eine Abwechselung an
Büchern ein, sonst muss ich noch die Pfarrbücherei in Windhagen
bemühen.
(Später) Nachmittags hab' ich dann bei dem schönen Wetter eine (nicht
direkt dringende...) Einkaufsfahrt in den Nachbarort und einen kleinen
Spaziergang nahe des Golfplatzes gemacht. Um den sonnigen Tag zu einem Erfolg zu machen, habe ich
mir dann auch noch ein Aspirin gegönnt.
Freitag, 22. Oktober, Woche 10. Hmm,
alles kann man dem Schlüsselbein auch nicht anlasten. Heute früh habe
ich festgestellt, dass da, wo nach dem Aufstehen das größte Druck- und
Spannungsgefühl herkommt, eine Rippe nahe des Brustbeines weiter
hervorsteht als ihr Gegenstück auf der anderen Seite.
Samstag, 23. Oktober, Woche 10. Heute
habe ich Besuch von zwei Motorradfahrern bekommen. Das war ein
Lichtblick, denn die Schmerzen in Brustbein, Schulter und Oberarm sind
nicht besser geworden. Abends habe ich mir dann eine Tablette gegönnt
und etwas Leckeres zu essen gemacht.
Sonntag, 24. Oktober, Woche 10.
Hab's gestern abend aufgegeben und mir den Rucksackverband wieder
angelegt. Der Bruch ist zwar meiner Ansicht nach bombenfest verheilt,
wenn auch noch lange nicht belastbar, aber es hat mich geärgert, daß
ich schon alles Mögliche machen konnte und durch die Beschwerden, die
ohne den Verband kamen, in der ganzen vergangenen Woche nichts
"geschafft" habe. Wenn der Termin beim Unfallchirurgen zum Röntgen
gekommen ist, kann er mich ja nochmal untersuchen und mir auch eine
feine schwarze Linie quer durch eine Rippe erklären, die ich drauf
gefunden habe - gerade da, wo auch der Knubbel ist.
Nachmittags kam dann noch Besuch und hat mich in ein Cafe
mitgenommen:-).
Montag, 25. Oktober, Woche 10.
Heute habe ich die Welt um eine Schlüsselbein-Webseite
bereichert
und 3 Kasten Sprudel, 52 kg, eingekauft und reingetragen. Naja,
zugegeben die Flaschen extra, immer drei Stücke;-).
Dienstag, 26. Oktober, Woche 10. Wie
schön, ich hatte mich mal wieder
nicht geirrt. Lasse ich meinen Rucksackverband weg, tut's tatsächlich
weh. Aber der Frust zeigt sich immerhin auf einem hohen Niveau an
Fähigkeiten. Heute konnte ich Wäsche mit beiden Armen aufhängen, wobei
der Unterarm der verletzten Seite bis in die Waagerechte gehoben werden
muss. Mehr kann man noch nicht erwarten. Dazu habe ich die Böden
gewischt, was (leider) auch nicht ohne Kraftanwendung der gebrochenen
Seite vor sich ging. War aber Zeit...
Mittwoch, 27. Oktober, Woche 11.
Interessanterweise habe ich einen Link gefunden, wonach der Bruch, wenn
mit einem Knick von über 10 Grad versehen oder wenn die Knochen keinen
Kontakt haben, eingerichtet gehört hätte. Wie auch immer, heute habe
ich den Rest des Rasens gemäht. Natürlich mit Rucksackverband. Dieser
vermeidet auch Liegeschmerzen.
Donnerstag, 28. Oktober, Woche 11.
Eine letzte (hoffentlich...) Röntgenuntersuchung, der Arzt ist mit dem
Heilungsverlauf zufrieden. Bis Frühjahr 2005, denkt er, ist die
Bruchstelle voll belastbar. Die diversen Schmerzen, die mich nerven,
kommen durch Ausstrahlung, durch die feinen Nerven- und Blutbahnen
längs der belasteten Rippen, die Gelenke der Rippen am Brustbein, die
lange stilliegende Schulter zustande, also nix Schlimmes - einen
Arbeitnehmer hätte er irgendwann mal gesund schreiben müssen. Ich könne
den Rucksackverband nach seiner Meinung auslassen und bis zur
Schmerzgrenze alles machen, ohne daß ein Schaden zu befürchten sei.
Das Offizielle Ende (naja...) dieser erbärmlichen Zeit habe ich dann
mit einer Tüte Erdnüsse und der Videokassette von "American Grafitti"
(1973), die ich mir seit Langem für etwas Besonderes aufgespart habe,
gefeiert;-).
Freitag, 29. Oktober, Woche 11.
Jetzt gilt es erstmal, die Tipps vom Arzt umzusetzen, statt nach
Kunstfehlern und übersehenen Verletzungen zu suchen. Ich habe
festgestellt, dass meine Schulter- und Oberarmmuskulatur ein einziger,
verkrampfter Block ist. Autogenes Training zur
Entspannung bringt wenig, eine
Wärmflasche auch nichts, spielerische Bewegung gleich nach dem
Aufwachen ist schon besser. Mal ein Aspirin zwecks unbefangenerer
Nutzung wird wohl nichts schaden, und sonst versuche ich mich an
natürliche Haltungen und Bewegungsabläufe zu erinnern - wie zog man
doch nochmal ein Hemd mit beiden Armen an?!
Samstag, 30. Oktober, Woche 11.
Gestern abend mutig die zusammengebundene Decke in meinem Bett
entfernt, die die Hauptstütze zum aufrechten Schlafen gebildet hat. Bin
zwar nach jedem Lagewechsel wegen arger Schmerzen erstmal wach
geworden, aber interessanterweise war das immer mit etwas Abstützen,
ein paar Bewegungen oder einem leichten Druck auf's Schulterblatt
("Klick" - eingerenkt:-) zu bewältigen. Am Auto habe ich den
Lenkradknauf entfernt. Als Notbehelf für einhändiges Geradeausfahren
war der gerade noch brauchbar, aber einhändiges Rangieren (was auch
jetzt noch nicht so toll läuft) ist bei dem Wagen zu schwer. In spitzen
Kurven hilft die Linke passiv mit, d.h. übernimmt nicht die Kurbelei
mit Kraft, sondern hält das Lenkrad fest, während die Rechte umgreift,
ansonsten bei normaler Fahrt kann ich sie problemlos am Lenkrad halten,
zumal ich die Sitzlehne ganz nach vorne gestellt habe.
Sonntag, 31. Oktober, Woche 11. Heute
ca. 60 km Autofahrt zu zwei Flohmärkten. Kam mir sauer an, aber ich
weiß nicht, ob der R*s*ckv*rb*nd die Schmerzen hervorgerufen oder
gemildert hat. (Vermutlich die Schmerzen in der Bruchzone gemindert und
alles Mögliche in den Muskeln von Schulter und Oberarm angerichtet;-)
Wieder zuhause zwei Aspirin eingeworfen, danach ging's. Für's Protokoll
(meines;-): seit dem Unfall 360 km mit der ersten Tankfüllung
zurückgelegt und dann noch die heutige Strecke.
Montag, 1. November, Woche 11. Unverändert.
Nachts RSV angehabt, schmerzfrei (bis auf den Moment, wo ich mich
umdrehte und er an dem Schlüsselbein riss ... ein schnelles
Erwachen;-). Autofahrt die Serpentinen des Schmelztales hinunter
problemlos (juhu, der direkte Weg nach Bad Honnef, wo ich für frischen
Fisch oder eine bestimmte Kundin hin muss, steht mir also auch wieder
offen:-). 1 Aspirin.
Noch eine ätzende Nachwirkung des Unfalles: ich bin zu _fett_. Heute
früh auf der Waage: 87 kg... ich esse nur noch Mohrrüben, bis es meine
gewohnten 80 sind, ich schwör's;-).
Dienstag, 2. November, Woche 11. Liebe
Freunde, heute, am letzten Tag der 11. Woche, haben sich die
Beschwerden auf das Ausmaß eines entzündeten Zahnes reduziert, und die
kommen eher von verkümmerten Muskeln und verkürzten oder überforderten
Sehnen als von dem Knochenbruch. Ich kann ohne Hilfe oder Hilfsmittel
Auto fahren oder mich anziehen, wenn auch mit Einschränkungen. Erprobt
ist, mit der verletzten Seite 4...5 kg zu heben und mit der anderen
Seite das Doppelte. Den Arm auf der verletzten Seite werde ich wohl
frühestens nächstes Frühjahr über die Waagerechte heben können, was
Sportarten wie Karate oder auch nur Tanzsport mindestens bis dahin
unterbinden dürfte. Ich glaube aber, es ist an der Zeit, die
täglichen Eintragungen nun einzustellen, und danke für Eure
Aufmerksamkeit:-).
Weihnachten, 24.-26. Dezember 2004 (informatorisch). Habe mir probehalber
eine Motorradfahrt von 8 km gegönnt. Die Feiertage boten mir genug Ruhe, um die
Website eines Kunden fertigzustellen, der mir die letzten Vorlagen am 19. Dezember
gemailt hatte, und am Zweitfeiertag bekam ich Besuch einer alten Freundin.
Montag, 27. Juni 2005 - Nachlese und Rückblick.
Bei einem MRT am
18. Februar 2005 steht im Arztbericht u.a.:"Verdacht auf stattgehabte Laesion des Ligamentum coracohumerale und coracoclavicula", d.h. zwei der drei Bänder, mit denen das Schlüsselbein das Schultergelenk führt, waren gerissen. Dies erklärt einige Beschwerden, die ich hatte.
Eine Untersuchung im Johanna-Etienne-Krankenhaus in Neuss (Tel. 02131 529-0), das auf Schulterpatienten spezialisiert ist, ergab am
14.4.2005 für das Schlüsselbein die Diagnose "steife Pseudoarthrose" und generell die Aussage, eine andere Behandlung als die operative Rekonstruktion des Schlüsselbeines sei nicht sinnvoll. Eine derartige Operation habe ich allerdings wegen des Risikos und der fehlenden Versorgungsmöglichkeit für mich abgelehnt. Ich glaube anhand der zahlreichen im Internet recherchierbaren Informationen, daß nur 70 Prozent an Schulteroperationen einen messbaren Erfolg bringen und eine beträchtliche Anzahl Patienten durch Komplikationen wie Durchtrennung von Nerven stattdessen weiteren Schaden erfährt.
Seither habe ich durch vom Orthopäden in Linz verschriebene sowie teils auch selbstbezahlte Physiotherapie im "Gesundheitszentrum" in Linz, Tel. 02644-807711 und die mir dort aufgegebenen täglichen Übungen eine wesentliche Erleichterung und Schmerzlinderung erfahren. Eine vom Arzt verordnete ambulante Rehabilitation ist von der AOK seit zwei Monaten nicht genehmigt und der Antrag nicht beantwortet worden.
Meine "Ausziehhilfe" für Jacken brauche ich nur noch für die schwere, in den Ärmeln enge Motorradjacke. Beidhändige Überkopfarbeiten meide ich. Meine Lebensweise als "Aussteiger" habe ich mir durch etliche Maschinen erleichtert, z.B. einen extraleichten (6.6 kg) Rasenmäher statt Sense, einen Mixer zum Kneten von Sauerteig statt Handarbeit und eine elektrische statt einer handbetriebenen Kaffeemühle. Heben auch verhältnismäßig schwerer Gegenstände (15 kg und mehr, beidhändig) ist mir ohne Weiteres möglich, nur Tragen und z.B. in's Auto bugsieren lasse ich wegen der dabei offensichtlich auf die Schulter ausgeübten Hebelkräfte ebenso wie schwere Gartenarbeiten bleiben.
Geblieben ist von dem Unfall eine nachhaltige Abneigung gegen Fahrradfahren auf abschüssigen Routen sowie ein ebenso nachhaltiger Hang zu täglichen ausgiebigen Duschbädern...
Samstag, 30. Dezember 2006 - Nachlese II
Zwischenzeitlich hat mir meine Unfallversicherung eine zehnprozentige dauernde Körperbehinderung anerkannt. Naschön, zum Decke streichen oder tapezieren taugt halt nur noch der Arm auf der unverletzten Seite. Den Karate- und den Tanzsport habe ich bisher nicht wieder aufgenommen. Seit ca. März 2006, also ca. Monat 20, hebe ich bedenkenlos Lasten bis z.B. 32 Kg mit beiden Armen. Schmerzmittel (Tramal, Ibuprofen) habe ich seitdem weniger als einmal im Monat eingenommen, die verbliebenen Beschwerden lassen sich sehr gut auch ohne Medikamente ertragen. Wenn es überhaupt noch Schmerzen gibt, dann wohl, falls ich mal auf der verletzten Seite liegend eingeschlafen bin.
Auch die normale Tagesarbeit bereitet keine Beschwerden mehr, solange ich im gewohnten, richtig eingestellten Bürostuhl mit Armlehne zum Aufstützen sitze. An einem anderen Platz länger als ein oder zwei Stunden zu arbeiten oder z.B. in einer Gesprächsrunde einen Platz zu erwischen, bei dem ich meistens über die Schulter auf der betroffenen Seite sehen oder sprechen muß, ist noch etwas unangenehm. Die etwas instabile Schulter mit leichtem Knacken "einzurenken", ist schon zur Instinkthandlung geworden.
Inzwischen weiß ich, daß die Hauptbeschwerden nicht von dem Knochenbruch herrühren dürften, sondern von den ärztlich lange unerkannt und daher unbehandelt gebliebenen Bänderrissen. Eine Operation hätte idealerweise binnen 12 Stunden erfolgen müssen oder, bei der sog. konservativen Behandlung ohne Operation, hätte ein sog. Gilchrist-Verband angelegt und der Heilungsverlauf ständig kontrolliert, sowie eine ganz frühzeitige Physiotherapie gegen die eingetretene Versteifung der Schulter durchgeführt werden müssen.
Mit den Bändern habe ich immer noch Glück gehabt, bei vielen Unfällen reissen alle (Verletzung nach Tossy 3) und das Schlüsselbein (oder seine Reste) steht hinfort um Zentimeter über die Schulterlinie hinaus, was durch eine Operation auch nur teilweise zu beheben ist.