Die Theologie und die Medizin sind die
einzigen Wissenschaften, die wie die Kleider der Mode unterliegen.
-
Emmanuil Roidis, 1836-1904
Schlüsselbeinbruch - was tun?
Clavicula-Fraktur fixieren - Operation, minimalinvasiv oder
konservativ -wie mit dem Rucksackverband zurechtkommen - welche Hilfen
und Hilfsmittel - Unfallarzt, Röntgen und andere Stationen.
Ich bin kein Mediziner. Es gibt Foren und Quellen im
Internet, die
reichhaltige Informationen bieten. Mit dieser Website will ich einige
Hinweise geben und Links nennen. Dies aus den Erfahrungen eines
Betroffenen, der mit einem langwierigen Bruch ohne Hilfen oder
medizinisches Wissen zurechtkommen muß.
Bitte, lest Euch auch die Berichte, insbesondere das Tagebuch
von Judith
und ihre eigenen
Tipps, durch! Mit Erfahrungen z.B. über den zweckmäßigsten BH
konnte ich aus eigener Erfahrung nicht dienen...
Ärzliche Versorgung
- Die
Notaufnahme ist eine
Notaufnahme, nicht mehr. Sie gucken, ob du in Gefahr bist;
wenn
sie einen passenden Rucksackverband haben, versorgen sie die
Verletzung
damit (bei mir hatten sie keinen passenden, so haben sie eben den
nächstgrößeren, völlig nutzlosen genommen); dann schicken sie dich
mit
ein paar Schmerztabletten vor die Tür. Die weitere Heilung ist nicht
ihre Verantwortung. Sie werden dich auf Wunsch noch beraten, aber
sie
sind keine Spezialisten für deine Verletzung.
- Der Hausarzt
ist kein
Unfallchirurg. Mancher merkt es, wenn der Bruch nach ein
paar
Wochen noch nicht zu heilen angefangen hat und er feststellt, dass
der
Hausarzt mit dem Rucksackverband lange nicht die Routine hat, wie
ein
Spezialist, noch überhaupt die Röntgenbilder angefordert hat. Tipp: man nehme die Röntgenbilder
sofort
aus der Notaufnahme mit für die nachbehandelnden Ärzte.
- Suche
spätestens nach drei Tagen
einen Unfallchirurgen zur qualifizierten Weiterbehandlung auf,
nicht erst, wenn dich der Hausarzt nach ein paar Wochen zu einer
vermeintlichen Nachkontrolle schickt. Ein
Röntgenarzt
ist übrigens kein Unfallchirurg. Ein
Unfallchirurg
hat eine mehrjährige Zusatzausbildung und tägliche Erfahrung mit
Problemen deiner Art.
- Was tun, wenn
sich die Ärzte
widersprechen? Sie tun es bei Schlüsselbeinbrüchen
anscheinend
besonders oft. Nun, dann kommt dein eigenes Körpergefühl in's Spiel.
Kein Arzt ist, bei all seiner Gelehrtheit, an deine Nervenbahnen für
Schmerz und Körperhaltung angeschlossen. Mir hat, evtl. in
Befürchtung
eines Kunstfehlerprozesses, ein Arzt zu einer konventionellen
Operation
geraten, Tage nachdem die Schmerzen mit sensationeller Dynamik zu
Ende
gegangen waren. Auf dem Röntgenbild (s.o.), war noch lange kein
Heilungsanzeichen zu ersehen, aber ich hatte ein gutes Gefühl. Der
nächste (qualifiziertere) Arzt bestätigte dann meinen Eindruck.
Ein andermal riet man mir nach Woche 6 in einer Unik-Klinik, in der
dreistellige Zahlen von Schlüsselbeinbrüchen im Jahr durchlaufen,
den
Rucksackverband als unnötig sofort auszulassen, ein erfahrener
Unfallchirurg anderntags, ihn mindestens bis Woche 10 weiter zu
tragen.
Ein kompromißweiser Versuch, ihn nach Woche 8 aus zu lassen, ergab
große Beschwerden. Das konnte von den Fachleuten keiner vorhersagen.
Wie wird ein Schlüsselbeinbruch geheilt?
Am Tage des Unfalles
Der Bildwinkel täuscht - die Knochen haben, von Mitte zu Mitte
gemessen, ca. 18 mm Abstand, stehen damit geschätzt um 6 mm
auseinander. |
Acht Monate später, schräg von oben und von der anderen Seite
gesehen.
Die Bruchstücke sind durch Callus verbunden (links oben;
steife
Pseudoarthrose). Das Schlüsselbeingelenk, das dem
Schulterblatt oberen
Halt gibt, ist auseinandergezogen (der Spalt rechts oben), da
das
Schlüsselbein um ca. anderthalb Zentimeter verkürzt ist, und
muß eine
neue Bewegungsabfolge finden. |
- Konservativ mit einem sog. Rucksackverband. Dieser fixiert
die
Knochenenden nicht wieder aufeinander. Das ist auch nicht notwendig;
sie wachsen aufeinander zu (sog. Callus) und in der überwiegenden
Zahl
aller Fälle verbinden sie sich letztlich miteinander, um im
Laufe der Jahre sogar die ursprüngliche Form wieder anzunehmen. Der
Bruch muss eingerichtet werden, wenn der Knick zehn Grad übersteigt
oder die Knochen keinen Kontakt haben.
Der Rucksackverband dient dazu, die Schulter zurückzuziehen und ihr
einige Wochen lang auch ohne den Halt des Schlüsselbeines möglichst
die
natürliche Form und Breite zu geben, sodaß der Bruch ohne
Fehlstellung
verheilt. Auch der obige Bruch ist nach ca. sechs Wochen ohne
weiteren
Eingriff wieder zusammengeheilt. Der Rucksackverband war bei mir
auch
weiterhin eine Erleichterung, weil er die Schultern stabilisierte
wie
eine Hängebrücke und Belastungen abfing.
- Durch einen minimalinvasiven Eingriff. Dieser wird nur in
wenigen Kliniken praktiziert. Ich habe von Luzern,
Berlin und Köln
gehört. Er steht jedenfalls in Köln auch Kassenpatienten offen, wenn
man nicht wie ich von einer ahnungslosen Hilfskraft an der Anmeldung
einen Termin sechs Wochen nach dem Unfall genannt bekommt (hat sich
auf
Nachhaken aufgeklärt, war aber trotzdem zu spät für mich). Hierbei
wird
auf der Seite des Brustbeines ein elastischer Titandraht in den
Knochen
bis zur Bruchstelle gesteckt und versucht, das andere Bruchstück
darauf
aufzufädeln. In 85 Prozent aller Fälle soll diese Operation, wenn
die
Ärzte sie eingehen, gelingen, sonst muss gleich mit der
nächstgenannten
Methode weiter gemacht werden. Da die Knochenenden als erstes
zuheilen,
ist diese Operation nur in den ersten Tagen möglich. Weder der Arzt
in
der Notaufnahme des Krankenhauses Linz a.Rh., noch mein Hausarzt am
Ort, noch der später konsultierte Unfallchirurg wiesen mich auf
diese
Operation oder ihre zeitliche Begrenzung hin; ich bin der Meinung,
dass
ihnen die Möglichkeit oder wenigstens die Details gar nicht bekannt
waren.
- Durch eine Operation mit Platte und Schrauben. Diese
erfordert
ca. vier Tage Verweildauer im Krankenhaus. Diese Operation wird
gemeinhin als zu riskant abgelehnt, wenn nicht ein Knochen die Haut
durchstoßen hat.
Wachsen auch mit dieser Fixierung die Knochen nicht richtig
zusammen,
wird etwas Knochenmasse aus dem besonders wuchsfreudigen Beckenkamm
an
die Bruchstelle transplantiert.
Ärzte raten in aller Regel von einer nachträglichen Operation, nur
um
gleich wieder die Schlüsselbeinknochen ebenmäßig in natürlicher Form
wiederherzustellen, ab, insbesondere wenn dadurch die in Heilung
begriffenen Knochen-Enden wieder getrennt werden müssten. Auf den
Röntgenbildern ist dieser Heilungsprozess übrigens immer nur mit
Verzug
zu erkennen, wenn sich Calzium einlagert.
Am 28.4.2010 schreibt mir ein Betroffener:
"Diese OP wird heutzutage ambulant durchgeführt mit einer,wie in
meinem Fall, Verweildauer von wenigen Stunden postoperativ
aufgrund der Narkose. Der Schmerzgrad (Wunde) nach der OP hält
sich in Grenzen
und kann mit handelsüblichen Schmerzmitteln gut kompensiert
werden.
Die Bewegungsfreiheit ist, bei mir, nach 8 Tagen wieder fast
komplett hergestellt.
Gewohnte
Belastung sollte allerdings die nächsten
4-5 Wochen noch vermieden werden.Postoperativ sollte KG mit
Wärmebehandlung stattfinden
(um die
Verspannungen der Schultermuskulatur zu lösen).
Alles in allem kann ich eine OP mit einsetzen einer Titanplatte
nur empfehlen, falls es keine andere Möglichkeit gibt etwaige
Fehlstellungen zu korrigieren und der Gesundheitszustand eine OP
zulässt.
Schmerzen minimal, Heilungsverlauf bzw. Normalisierung der
Bewegungsfreiheit sehr gut. Arbeitsaufnahme nach bereits 2 Wochen
wieder möglich (nicht körperliche Tätigkeit)."
Es scheint also bei dieser Operation auch positive Erfahrungen bzw.
Fortschritte zu geben!
- Drahtfixierung. Darüber weiß ich nichts. Bei Abständen wie
auf
obigem Bild könnte aber jeder Eingriff die Heilungsdauer und
anfängliche Festigkeit stark verbessern.
Wieder alleine zuhause - was tun?
- Je besser der Behandlungserfolg war, desto größer ist die Gefahr,
sich selbst zu täuschen. Auch mit einem Nagel im Schlüsselbein, der
einen befähigt, alle Bewegungen zu machen, dauert es Monate, bis die
Bruchstelle fest ist. Vergisst man das, sind die Folgen bitter.
Hier ein kurzes Zitat aus einer Mail an mich: "Soweit so gut, es
heilte
alles wunderbar, ich war schmerzfrei nach wenigen Tagen und fühlte
mich
echt prima. (...) Ich bewegte den Kopf nach Rechts und konnte
ihn
nicht mehr zurück bewegen. Ich hate höllische Schmerzen und ein
furchtbares Reißen im Hals. Ich rief meinen Mann und er sah dass die
Sehne an der linken Halsseite am Nagelkopf festhing (...) Der Nagel
war
einfach so 1 cm nach Links verrutscht". Bei Operationen mit Platte
und
Schrauben sind derlei Erfahrungsberichte ebenfalls häufig. Keine
"Flickstelle" aus Metall kommt auch nur annähernd an die Tragkraft
gesunder oder verheilter Knochenstruktur heran, also Vorsicht!
- Andere um Hilfe bitten. Kein Passant, kein Nachbar, kein
Verkäufer hat sich bei mir je einer Bitte entzogen, etwa eine
Konserve
zu öffnen, etwas zu heben, einzupacken, nach dem Öffnungsknopf einer
zugefallenen Autotür zu angeln oder mit einer Jacke behilflich zu
sein.
Guten Freunden kann man leicht klarmachen, daß sie nicht alle auf
einmal am ersten Sonntagnachmittag kommen sollen, wenn man lieber
seine
Schmerzen verdämmern würde, sondern sich über die nächsten Wochen
und
Wochenenden ein wenig verteilen, weil immer wieder in Abständen
Assistenz z.B. mit dem Rucksackverband, aber auch Alltagsproblemen
wie
dem Wechsel der großen Stücke Bettwäsche, Auf- und Abhängen von der
Wäscheleine, Staubsaugen oder etwa dem Hochsetzen des nächsten
vollen
Sprudelkastens notwendig ist. Du brauchst auch Hilfe bei einhändig
zu
erledigenden Aufgaben, denn da die Schulter wie ein Waagebalken
reagiert, wird bei Belastung der "guten" Seite die kranke mit in
Anspruch genommen.
Gute Freunde bringen, so oft sie einen Besuch machen, so viel Salat
(hervorragend bei McDonalds) mit, wie sie können, denn die
Selbstverpflegung aus Konserven lässt doch alsbald den Wunsch nach
Frischem aufkommen. Und natürlich sind es besondere Lichtblicke,
wenn
einen jemand in's Auto packt und einen Spaziergang, Cafe- oder
Restaurantbesuch ermöglicht.
- Oberbekleidung ist um so leichter und schmerzfreier zu
wechseln,
je weiter sie ist. Man besorge sich sofort einen Vorrat T-Shirts um
zwei Größen mehr, als man bisher gebraucht hat, aus möglichst
feinem,
dehnbaren Stoff. Ebenfalls sollten Jacken und Anoraks in Übergröße
gewählt werden. Obwohl auch ich mir eine billiges Flauschhemd in XXL
als Hausjacke beschafft habe, sind zum Rausgehen Jackets und Anoraks
mit Viskosefutter vorzuziehen, damit sie nicht am Hemd und dem
Rucksackverband darunter hängenblieben.
- Hilfsmittel beschaffen. Dinge, die ich früher überflüssig
fand,
wie einen kleinen Akkusauger für Flusen und Insekten, einen
schnurlosen
Wasserkocher und Waschlappen, finden jetzt ihren Sinn. Bei den
Entfernungen hier auf dem Lande wäre ein Pkw mit Servolenkung
segensreich. Eigentlich ist es lächerlich, dass mein behandelnder
Arzt
mir für viele Monate das Fahrrad- und Motorradfahren verbietet und
nur
um ihn zu erreichen, musste ich mich bei unverheiltem Bruch
einhändig
eines Geländewagens ohne Servolenkung bedienen.
Die Sache mit dem Rucksackverband
Diese Tipps gelten vor allem, wenn Du allein im Haushalt lebst.
- Wichtig: Der Rucksackverband muss so
straff gespannt sein,
daß gerade kein taubes Gefühl in Arm oder Fingern auftritt. Ist er
zu
locker, nützt er nichts. Frische Rucksackverbände haben meiner
Erfahrung nach die Angewohnheit, sich in den ersten 24 Std. noch
etwas
zu straffen, vielleicht weil sich die Riemen einrollen. Drückt man
andererseits den Klettverband nicht fest zwischen Daumen und
Zeigefinger an, kann er anfangen zu wandern. Generell muss ein
Rucksackverband alle zwei Tage nachgestellt werden.
- Auf der Haut
oder über dem
T-Shirt tragen?
Trägst du den Rucksackverband über dem T-Shirt, ersparst du dir
Verletzungen der Haut durch die Riemen oder die harten Häkchen eines
überstehenden Klettverschlusses und er saugt sich nicht mit Schweiß
voll. Da du ihn aber nicht selber aus- und wiederanziehen kannst,
bleibt das T-Shirt so lange an, bis dir jemand hilft.
Trägst du den Rucksackverband auf der Haut, kannst du wenigstens das
Hemd wechseln. Evtl. ist es dir möglich, dich unter dem Verband mit
einem Waschlappen zu waschen. Zur Schonung der Haut kann man
vielleicht
Achselpads oder Papierservietten darunter praktizieren.
- Wie lange
tragen? In den
ersten Tagen wirst du sowieso keine
Experimente machen. Sobald du wagst, die Bruchstelle zu ertasten,
und
feststellst, dass sie bombenfest hält, kannst du den Verband
vielleicht
mal zum Waschen ausziehen. Bei ärzlichen Untersuchungen musst du ihn
ja
ebenfalls kurzfristig ablegen.
- Verband zum
Wechseln? Die
Krankenkasse bezahlt dir keinen. In der
Apotheke kostet ein selbstbezahlter Verband leicht 70 Euro, im
Internet
vielleicht nur die Hälfte.
- Frage: wie
kratzt man sich unter
einem Verband? Antwort: mit einem Holzspan (notfalls
Lineal),
auf dem ein Stück Klettband (Häkchenseite) aufgeklebt ist;-).
- Welchen
Verband wählen?
Mein Verband vom Krankenhaus war von Noba Verbandsmittel, 58300
Wetter.
Zwar für mich unbrauchbar, da die falsche Größe, aber weitaus der
luxuriöseste und am weichsten gepolsterte, den ich gesehen habe.
Der nächste, passende von Lohmann Rauscher hatte lange nicht so
dicke
Polster, gab aber das beste Gefühl als Stütze. Dies vermutlich, weil
er
auf dem Rücken nicht einfach X-förmig zusammenläuft, sondern eine
aufwendigere Konstruktion mit einem oberen Nackenriemen und einem
unteren Riemen über die Schulterblätter bei einstellbarem Abstand
nach
oben hat. Lieferant war
laut Zuzahlungsrechnung http://www.rahm.de.
- Bei rakers-medizinbedarf.de
bezog ich schließlich für 41,03 Euro incl. Versand meinen Verband
zum
Wechseln, Fabrikat Miro. Dies war der billigste und wohl auch
simpelste. Leider ist er
schlecht konstruiert, denn die harte Seite des Klettverschlusses
steht
in der Praxis über das Gegenstück hinaus (weil sich die Riemen
verlängern, verjüngen und vor allem einrollen) und schnitt alsbald
blutig in die Haut ein. Ich habe dieses Klettband dann auf eine
dreieckige Form geändert, wie dies bei den anderen Fabrikaten
sowieso
gemacht wurde, und wieder festgenäht.
An- und Ausziehen:
T-Shirts zieht man aus, indem man diese mit dem gesunden Arm
im
Nacken festhält, sie über den Kopf zieht, sowie erst den gesunden Arm
herauszieht und dann das Kleidungsstück auf der gebrochenen Seite den
Arm hinunter abstreift. Brillen sind tunlichst vorher abzulegen. Beim
Anziehen ist die umgekehrte Reihenfolge einzuhalten.
Beim Ausziehen von Hemden und Jacken ergibt sich die Schwierigkeit,
daß
man nicht beide Arme nach oben recken oder mit der Hand auf der
gebrochenen Seite den Ärmel auf der gesunden greifen und ausziehen
kann.
Wichtiger als alle anderen Hilfen und Handreichungen erwies sich diese
einfache Einrichtung aus der Krokodilklemme eines ausgedienten
Starthilfekabels (ähnliche gibt es zum Leimen oder Schweißen), die mit
dem Bindfaden an jedem Regal oder z.B. einer Türklinke befestigt
werden
kann. Man klemmt den Ärmel in der Klammer ein, geht einen Schritt weg,
sodaß der Bindfaden straff ist, und dreht sich mühelos aus dem Ärmel.
Nach Festigung des Bruches erwies es sich bei dem Miro-Rucksackverband
sogar als möglich, diesen selbst anzulegen und auszuziehen.
Zum Ausziehen kann man bei ihm mit einigen Verrenkungen die Lasche auf
der gesunden Seite greifen und aufziehen. Beim Lohmann-Rucksackverband
sitzt diese durch den gesonderten Rückenriemen zu tief, dort bekommt
man sie auf der kranken Seite zu fassen (zum Wiederanziehen habe ich
aber bei diesem Modell keine Lösung gefunden).
Zum Anlegen des Miro-Verbandes stelle ich die Schlaufe, die für die
gebrochene Seite gedacht ist, auf die endgültige, feste Weite ein,
streife ihn über den Arm und ziehe das Rückenstück, wo die Riemen
zusammenkommen, über den Kopf hoch und dann hinunter zwischen die
Schulterblätter, und habe den Riemen auf der gesunden Seite so weit
offen wie möglich gestellt. Nun muß hier der Arm durchgesteckt werden,
wobei mit Sicherheit der Ellbogen hängen bleibt. Daher wird diese
Schlinge vorher an die Anziehhilfe gehängt, dann geht's. Nun kann man
den Klettverschluß greifen und auf das gewünschte Maß festziehen.
Die Fähigkeit, den Rucksackverband selbst aus- und anzuziehen, bedeutet
natürlich eine große Erleichterung, denn man kann ihn jetzt
beschwerdefrei über dem Hemd tragen.
Warnung: wer sich diese Verrenkungen zu früh zutraut, sodaß sein Bruch
wieder aufgeht, soll bitte nicht mich verantwortlich machen.
Nachtrag (April 2007): bei mir stellte sich heraus, daß es einige
Bänderrisse gab, die unbehandelt geblieben waren. Während der
Heilungszeit von ca. anderthalb bis zwei Jahren war daher der
Rucksackverband die einzige Stütze, die starke Schmerzen verhinderte.
Bei einem reinen Schlüsselbeinbruch sind so lange Tragezeiten für einen
Rucksackverband, wie oben geschildert, nicht dienlich.
Psychisches (Warnung)
Gemütsmenschen unter den Fachleuten mögen dir anbieten, ein
stärkeres Schmerzmittel zu verschreiben, um Ängste und Schwierigkeiten
zu bewältigen
und damit ist dein Problem für sie erledigt. Du stehst
dem Problem aber ganz anders gegenüber. Gibt es Komplikationen, kannst
Du auch mal in Panik geraten. Versichere dich
der Unterstützung deiner Freunde und sorge für Alternativen, die du
akzeptieren kannst, wie Wandern statt Kampfsport oder Heimarbeit für
den Lebensunterhalt.
Am 15.5.2008 erreichte
mich folgende E-Mail, die ich als
Gastkommentar
hier bekannt gebe:
Schlüsselbein,
Krokodilklemme
Datum:
15.05.2008 05:31
Von:
(...).at>
An:
hannes.birnbacher@gmx.de
Hallo Hannes,
habe mir vor einer Woche
das linke Schlüsselbein gebrochen.
Ich bin zwar in unserem
UKH gut aufgehoben, aber wie die Knochen
zusammenwachsen
entspricht nicht so meinen Idealvorstellungen.
Auf jeden Fall möchte
ich dir für deine Homepage danken und muss ein wenig
schimpfen:
Spätestens bei der Krokodilklemme konnte ich mich vor Lachen
nicht mehr
halten, und du weißt ja wie gut ein Lachanfall in der ersten
Woche tut!
Allerdings war ich danach total locker und fühlte mich echt gut.
Dabei dachte
ich, meine Lösungen der Schlüsselbeinbruch-Single-Problematik
waren schon
ausgefallen. Vielleicht sollten wir ein Computerspiel wie Crazy
Machines
entwerfen, nur eben mit verschiedenen Verletzungen und zu lösenden
Alltagsaufgaben.
Mit Dank, ganz lieben
Grüßen aus Kärnten und den allerbesten Wünschen
Bewerbungen
für die Mitgliedschaft in einer Arbeitsgruppe mit dem Ziel, ein
Computerspiel a la "Handicaps einarmig überwunden" zu entwickeln und
zu
vermarkten, werden gerne angenommen!
Schmerzmittel
Überflüssig zu betonen, daß ich kein Sachverständiger bin. Einige
Schmerzmittel kenne ich aus eigener Erfahrung, die ich nachstehend
schildere. Es sind
meine
Erfahrungen und Reaktionen, nicht Aussagen über die genannten Mittel
und Fabrikate!
Ich würde grob drei Phasen unterscheiden:
- Nach der Verletzung:
Hier hilft eh kein Mittel - und wenn, würde man es nicht haben
wollen,
weil man mitkriegen möchte, ob man sich so bewegt, daß sich der
Bruch
auseinanderzieht
- Starke Schmerzphase (1-3 Jahre, falls man das "volle
Programm" mit schlechter Heilung, Bänderrissen und so weiter gebucht
hat):
- Opioide (Tramadol, Tramal und so weiter)
Einige Minuten nach der Einnahme tritt für ca. eine halbe Stunde
Schwindel ein. Starke Schmerzen werden zunächst nicht gelindert,
eher
mäßige Schmerzen hingegen gut und können sogar in Vergessenheit
geraten. Es folgt eine Phase großen Optimismus'ses für 8-12
Stunden. In
dieser Zeit hält man sich für unüberwindbar, fährt (falls man
sich aus
Unerfahrenheit an's Steuer gesetzt hat) schneller und riskanter
als
sonst, tätigt bedenkenlos Onlinekäufe und erledigt seine Arbeit
zuversichtlich und zügig, jedenfalls kommt es einem so vor. Das
beherrschende Gefühl ist Euphorie und Harmonie mit allen
Menschen. Man
empfindet auch keine Müdigkeit, bis man viele Stunden nach der
normalen
Schlafenszeit plötzlich die Augen nicht mehr aufhalten kann. Die
Wirkung ist ansatzweise mit stark hypnotischer, lauter Musik im
Auto
vergleichbar. Aus medizinischen Foren ist die stark
suchterzeugende
Wirkung auf dafür disponierte Personen bekannt - und wer sich
wenigstens zeitweise seinen Schmerzen und den unfall- oder
behinderungsbedingten Depressionen entziehen möchte, ist
zumindest potentiell dafür disponiert.
Tilidin ist als der Renner bei Apothekeneinbrüchen bekannt und
hat
Gewalttaten Jugendlicher zur Folge, die sich nach Einnahme für
unbesiegbar halten und keinen Schmerz achten, geschweige denn
Gefahren.
- Novaminsulfon Lichtenstein
Dieses Mittel hat weniger Nebenwirkungen, jedenfalls keine
solchen wie
die vorgenannten Opioide. Trotzdem tritt nach ca. einer Stunde
eine
wirksame Schmerzlinderung
ein, die ich von rezeptfreien Mitteln her nicht kenne, und die
ca. acht
Stunden anhält.
- Unfall- oder Folgebeschwerden
Irgend wann verwischen sich die
Grenzen. Der gebrochene Knochen ist verheilt und die
Empfindlichkeiten
sind eher psychische; es zeigen sich weitere Schmerzphasen, die
vielleicht auch sonst gekommen wären oder z.B. auf eine Fehlstellung
bzw. Fehlhaltung nach dem Unfall zurückzuführen sind. Hier kommen
die
nicht verschreibungspflichtigen und nicht dem Betäubungsmittelgesetz
unterliegenden Medikamente zum Einsatz. Einige davon sind:
- Paracetamol
Verschlimmern bei Menschen mit "Gilberts Syndrom" die
Beschwerden,
daher keine Erfahrungen.
- Aspirin
Nützt bei mir nichts
- Ibuprofen 400, auch gehandelt unter
IBU-ratiopharm-Lysinat 500
Eine nützt bei mir nichts, laut ärztlicher Anweisung sollte ich
zwei
nehmen oder mir die stärkere Version verschreiben lassen.
Zweie
beenden zuverlässig leichte Schmerzen und führen durch ihre
entzündungshemmende Wirkung auch zum Rückgang der
gelegentlichen,
schmerzhaften Anschwellung(en) im Oberarm- und Schulterbereich.
Sodbrennen wurde gelegentlich beobachtet; besser nicht auf
nüchternen
Magen einnehmen.
Teuer (insbesondere wenn und weil selbstgekauft). Kostengünstige
Großpackungen gibt's keine, aber Versandapotheken existieren...
- Diclofenac
Sind verschreibungspflichtig und nützen bei mir auch nicht mehr
als die
Ibuprofen.
- Gefahren:
in
http://www.general-anzeiger-bonn.de/avantgo/Brennpunkte-2.html
(der
Link bleibt wahrscheinlich nur ein paar Stunden gültig) hieß es
am
24.11.08:
"Kopenhagen (dpa) - Bestimmte frei käufliche und weit
verbreitete
Schmerzmittel können das Risiko für Herzinfarkte verdoppeln. Zu
diesem
alarmierenden Ergebnis kommen Herzspezialisten in Kopenhagen
nach der
Analyse der Krankenakten von mehr als einer Million Dänen aus
den
Jahren 1997 bis 2005. Dabei erwies sich, dass sonst gesunde
Menschen bei Einnahme des auch in
Deutschland zugelassenen Schmerzmittels Diclofenac ein um fast
100
Prozent erhöhtes Infarktrisiko trugen. Auch in früheren
Untersuchungen aus anderen Ländern war ein erhöhtes
Infarktrisiko durch sogenannte nichtsteroidale Entzündungshemmer
(NSAID) beobachtet worden. Zu den NSAID gehören außer Diclofenac
unter
anderem der weit verbreitete Wirkstoff Ibuprofen (...)".
- Salben: Wer Schulterprobleme hat, hat oft auch
Sehnen(-scheiden)entzündungen. Dagegen sollen Sportsalben wie Etrat
usw. helfen.
Es
wurde sogar schon Pferdesalbe (Tensolvet und mit gleichen
Inhaltsstoffen Compagel) empfohlen. Man bekommt Compagel in der
Versandapotheke (http://www.apotheke-efarma.de)
um
20 Euro für 250 Gramm.
Die Wirkstoffe sind: Heparin und Hydroxyethylsalicylat.
Heparin
soll das Blut flüssiger machen, sodaß die Abwehrstoffe leichter an
die
Entzündungsfront transportiert werden. Hydroxyethylsalicylat soll
schmerz- und entzündungslindernd wirken und den Transport der Stoffe
durch die Haut erleichtern.
Der Wirkstoff der
bekannten Etrat Salbe ist Hydroxyethylsalicylat. -
Heparinsalbe
gibt's sogar 3,6 mal so stark wie in der Pferdesalbe. Womit die
beiden
Inhalte auch in der Humanmedizin verschreibungsfrei erhältlich sind.
Der Rest sind wohl ganz triviale Salben- bzw. Gel-Bausteine:
Trolamin: Es kann die Löslichkeit verschiedener Stoffe deutlich
verbessern und
eine stabilere Dispersion von Arzneistoffen in Salben gewährleisten.
Darüber
hinaus kann es häufig zu einer deutlichen Resorptionsverbesserung
verschiedener Wirkstoffe beitragen. Soll als hautberuhigend
empfunden
werden.
Propylenglycol ist ein Feuchthalter und Weichmacher, nicht unähnlich
Frostschutz, und nur ganz wenig giftig.
Carbomer 980 ist ein Filmbildner und zum Eindicken.
Trinatriumsalz ist eine Puffersubstanz für molekularbiologische
Puffer.
Triethanolamin reagiert basisch, ist ein Weichmacher und verhindert
Korrosion.
Auch dieses ist nur ganz wenig giftig.
Macrogloglycerolcocoate ist auch Bestandteil von vielen anderen
Schmerzsalben,
Badezusätzen usw.
Manche
von den Stoffen, die das Gel bilden, können die Haut reizen und
dürfen
z.B. nicht auf offene Wunden oder Schleimhäute. Mancher empfiehlt
Pferdesalbe auch für Menschen, andere warnen vor schädlichen Folgen
für
die Haut. Das trifft aber sogar auch für Kosmetika und Hautsalben
zu,
in denen ich durch googlen die Inhaltsstoffe auch gefunden habe.
Pferdesalbe
oder gleichwertige Kombination von Salben aus der Humanmedizin - die
Wirkung bei mir ist ähnlich einer gründlichen Anwendung von
kühlenden
Umschlägen und damit besser als nichts - gleich lindernd und
möglicherweise heilend.